Seite - 268 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
Bild der Seite - 268 -
Text der Seite - 268 -
208
mit jugendlicher Kraft auftretenden gothischen Stile. Als Bandenkinale dieses Charakters,
abgesehen von der St. Stefanskirche nnd der St. Michaelskirche in Wien, haben wir
nebst der einschiffigen Kirche zu Schöngraberu, die diesen Übergang gewissermaßen nur
einleitet, zunächst zu gedenken der Liebfrauenkirche zu Wiener-Neustadt. Dieselbe ist uns
nur im Laughause erhalten geblieben die Fa^ade und der untere Bau der beiden sie
flankireuden Thürme, die ebenfalls der romanischen Bauperiode angehörten, wurden in
neuerer Zeit so schadhaft, daß dereu Demoliruug erfolgen mußte.
Das herrlichste Bauwerk des Übergangsstiles ist die Stiftskirche zu Lilienfeld
(1202 bis 1230), die sich in ihrer Ursprünglichkeit fast ganz erhalten hat nud mit den
mächtigen Kirchenbanten zu Maulbrouu uud Bebeuhaufeu iu besonderer Übereinstimmung
steht. An beiden Seiten des Hauptschiffes schließt sich ein niedriges Seitenschiff an, dann
folgt das stark vortretende Querschiff und der im halben Zehneck geschlossene Chor,
umgeben von einem zweitheiligen Umgange, dessen Gewölbe von zwölf schlanken Pfeilern
mit fem gearbeitete» Blatt- und Knospeucapitäleu (theilweise spätere Arbeit) getragen
werden. Leider ist die Wests,Mde im Jahre 1703 umgestaltet worden, wobei auch das
reiche Hauptportal verloren ging.
In diese Zeit des Überganges gehören ferner noch die Kirchen zu Laa, das einschiffige
Langhaus zu Ardagger sammt der großen Krypte daselbst, das Schiff der Kirche zu
Zellerudors, die alte Kirche zu Gars uud die zu Margarethe» am Moos, das Presbyterium
der Kirche zu Michelstetteu und andere.
Zu deu kirchlichen Bauten in: weitere» Siuue gehöre» die i» de» letzte» Decennieu
des romanischen Stiles entstandene» Kreuzgäiige der Cistercie»serklöster Zwettl, Heiligen-
kreuz und Lilienfeld. Sie bilden geradezu mit dem noch zu erwähueudeu Kreuzgange in
Klosterneuburg eine hervorragende Merkwürdigkeit unserer niederösterreichischen Kloster-
bauten. Da der Bau dieser Kreuzgäiige in laugsamer Weise erfolgte, so siud an ihren ein-
zelnen Theilen die Banzeiten recht deutlich erkennbar uud werde» i» der reichen Decoration
an den Fensterbogen uud Gewauduuge», in den Säulchen mit den maumgsaltige» Capi-
täle», iu den Fenstergestalt»»ge» selbst, endlich in den Rippenprosilirnngen die allmäligen
Stilwandlnngen in überraschend bestimmter Weise zur Geltung gebracht. Der Kreuzgang
zu Zwettl, iu welchem sich die Wandlung des Ruudbogeus bis zu dem schließlich in der
Constructiou domiuireudeu Spitzbogen am deutlichste» ausdrückt, entstand zwischen 1180
und 1217, er ist iu der Detailbildung der reichste, iu der Entwicklung der mannigfaltigste
und in der baulichen Durchführung der lehrreichste. Der Kreuzgaug zu Heiligenkreuz
entstand um 1215, das Capitelhaus uud das untere Dormitorium gehöre» in das erste
Viertel des XIII. Jahrhunderts, endlich der Kreuzgaug zu Lilienfeld und das Capitelhans
dabei entstammen auch ebeu dieser Zeit (1208 bis 1230).
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317