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und in dem Maße, in welchem die Wärme allmälig abnimmt, mehrt sich umgekehrt die
Menge des atmosphärischen Niederschlages. Das Gebiet des Manhart hebt sich von der
Grenze des Weinbaues zwischen Retz und Krems und dann insbesondere rasch von der
Donau aus zu einem kühlen Höhen- und Gebirgsland mit mäßigen Niederschlägen. Dort,
wo sich die Donau den Weg durch das Thebener Thor gebahnt hat, ist mit einer Jahres-
wärme von mehr als 10° Celsius und mit einer Niederschlagsmenge von nur 40 Ceutimeter
zu rechnen; in solchen Gegenden wird die Trockenheit zur Noth, der Rothklee versagt,
das Grasland gibt geringen Ertrag und die Noth verschärft sich, wenn zu dem ungüustigeu
Klima noch eine ungünstige Bodenbeschaffenheit kommt, wie der Flugsand im Marchfelde
oder größerer Steingehalt im Neustadter Steinfelde. Welch ein Gegensatz zu dem Gebiete
der Alpen! Die tiefere mittlere Jahrestemperatur und die zunehmende Menge des Nieder-
schlages rufen den frischen Graswuchs hervor, der hier auf den Landgütern vorherrscht,
aber auch das ganze Gebiet am rechten Donau-User bis zum östlichen Abfalle der
Gebirge schmückt.
Die große natürliche Verschiedenheit der einzelnen Landestheile wiederholt sich
bezüglich der Vertheiluug der Culturgattungen, wie sie gegenwärtig nach Ausrodung eines
sehr großen Theiles des ehemals überall herrschenden Waldes vorliegen. Wie die Vertheilung
der Forste, deren Schilderung an späterer Stelle gegeben wird, wechseln die landwirt-
schaftlichen Culturgattungen. Im Wiener Becken und Hügellande machen die natürlichen
Wiesen und Weiden im Durchschnitt nur ein Viertel der landwirtschaftlichen Bodenfläche
aus, im Gebiete des Manhart bereits ein Drittel, im Gebiete des Wienerwaldes und der
Alpen aber schon mehr als die Hälfte. Dabei ist die Fläche der Wiesen in dem Wiener
Becken geringer als die der allerdings wenig ertragreichen Weiden; in den übrigen Gebieten
gibt es ebensoviel bis doppelt uud dreimal soviel Wiesen als Weiden. Und wiederum sind
die Unterschiede in den einzelnen Bezirken noch viel größer; denn während im Gebirge
manche Wirthschaften sehr wenig oder selbst gar kein Ackerland besitzen, gibt es im Flach-
lande Landwirthe, welche ihren Acker fast ohne Zulage an natürlichem Grasland zu
bewirthschaften haben. Wie verschieden muß sich schon deßhalb im Einzelnen der Betrieb
der Landwirthschaft überhaupt, insbesondere aber die Viehzucht gestalten!
Werfen wir nach dieser kurzen Schilderung der Naturanlagen einen Blick auf die
Vertheilung des Grundes und Bodens, so zeigt sich, daß in Niederösterreich der Klein-
grundbesitz weitaus überwiegend vertreten ist, denn ihm fallen 77 Procent der Gesammt-
fläche, 88 Procent des landwirthschastlichen Areals zu. Nur ein Achtel dieses letzteren
gehört dem Großgrundbesitze. In diese sehr mäßige Fläche theilen sich über 600 landtäfliche
Güter und Herrschaften, welche in den meisten Fällen als große Güter angesehen werden
können; kaum 20 Besitzuugeu haben mehr als 1.000 Joch oder 575 Hektar Ackerland.
Wien und Niederösterreich. 21
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317