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Die Weinkeller befinden sich zwar in den niederösterreichischen Städten unter den
Wvhngebänden, auf dem Lande aber zumeist in eigenen Erdkellern uuweit des Dorfes iu
eiuem durch Lage und Boden geeigneten Hügel; dieselben bilden mit deu kleinen Preßhäusern
vor den Eingängen stille Kellerorte, die sich aber an freien Tagen zu belehrenden und auch
erheiternden Kostproben beleben. Die Temperatur in diesen oft weit in den Berg ein-
dringenden Höhlen ist eine sehr constante und niedrige, so daß in denselben sogar mehrere
Jahre alte Weine uuvergohreu bleiben, welche die Weinhändler künstlich nachgähren lassen
müssen. Die erste Bedingung einer guten Kellerwirthschaft, reine Gebinde, ist in Nieder-
österreich allgemein erfüllt, weßhalb auch kranke Weine zu den Seltenheiten zählen. Noch
vor wenigen Jahren war es allgemein üblich, den Jungwein, selbst wenn dies mehrere Jahre
dauern sollte, auf dem Geläger bis zum Verkaufe zu belassen. Heute pflegt man vielfach
im ersten Jahr dreimal abzuziehen, wodurch der Weinhandel wesentlich unterstützt wird.
Den verbreitetsteu Ruf unter allen Niederösterreicher Weinen besitzt der Vöslaner,
welcher seine Güte einer Traubensorte verdankt, die vom Grafen Frieß am Ende des
vorigen Jahrhunderts eingeführt wurde; durch rationelle Behandlung und tüchtigen
commerciellen Vertrieb hat der „Vöslauer" seine große Verbreitung in der ganzen Welt
gefunden. Der Klosternenburger und Nnßdorfer Wein ist von jeher als das beste weiße
Prodnet anerkannt worden, was wohl zumeist deu Bemühnngen des Chorherrenstiftes zu
verdanken ist. Es folgen dann die Gnmpoldskirchener und Bisamberger Weine, welche
sich durch Lieblichkeit des Geschmackes auszeichnen. Die Kremser und Retzer, ebenso die
Mailberger und Stinkenbrnnner Weine zählen zu den guten weißen Tischweinen, die
Massenproduktion aber von guten Mittelweinen, von denen die Brünnerstraßer und Felds-
berger die besseren, die Wachauer die geringeren sind, dient theils für den gewöhnlichen
Eonsum, theils zu Mischweinen mit leichten ungarischen Prodneten, wozu sie sich gauz
besonders eigueu. Neben den eigentlichen Landweinen werden auch in den bevorzugten Lagen
durch Einführung rheinischer und französischer Traubensorten hochfeine Weine erzeugt, so
in den Stiftsweingärten von Klosterneuburg, in Nußdorf, iu Gumpoldskircheu u. s. w.
Die Weine Niederösterreichs finden ihren Absatz theils in den angrenzenden Hoch-
gebirgsländern, theils in jenen benachbarten Landestheilen, in welchen gegen Westen und
Norden hin der Weinbau nicht mehr möglich ist; anderseits verschwinden aber große
Mengen in den Kellereien der Wiener Weingroßhändler, wo sie zur Mischung mit billige»
Nugarweiueu Verwendung finden.
Auch der Obstbau hat unter dem Einflüsse des städtischen Consnms und eines
unleugbar feinen Geschmacksverständnisses der Wiener Bevölkerung seit vielen Jahrzehnten
eine bedeutende Stelle in der Bodenprodnction Niederösterreichs erreicht. Unterstützt wird er
durch die klimatischen Verhältnisse, die in Niederösterreich dem Obstbau überhaupt güustig
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317