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© 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1/6 a, A-1080 Wien
https://doi.org/10.7767/9783205212355 | CC BY 4.0
Österreichische Listen 1933–1938
den Empfehlungslisten aktiv, der KdK organisierte die Kommunikation mit der Österreichischen Lan-
desleitung der NSDAP und dem Österreichischen Pressedienst in München über Deckadressen in Mar-
burg/Maribor.9 Nach Amann10 war seine zentrale Aufgabe, eine Österreichische Kulturkorrespondenz
zu schaffen, welche die deutsche Presse mit Informationen über die Schriftsteller Österreichs versorgt,
diese klassifiziert und zur „Denunzierung und Verdrängung der gehassten Konkurrenz“ beiträgt. Ziel
war die Bildung einer Kampffront „artbewusster“ Künstler.
Bereits 1933 begann auch in Österreich der Konkurrenzkampf zwischen den kulturpolitischen
Anhängern von Alfred Rosenberg und jenen von Joseph Goebbels trotz vieler personeller Überlap-
pungen: Franz Löser initiierte nach dem Verbot der NSDAP ab September von Salzburg aus eine ös-
terreichische Dependance des von Goebbels initiierten →Reichsverbands deutscher Schriftsteller (RDS),
der binnen kurzer Zeit alle großen Schriftstellervereinigungen Deutschlands aufgesogen hatte11 und
mit dem Reichskulturkammer-Gesetz vom 22.9.1933 in den Status einer Zwangsorganisation der
RSK-Berlin erhoben wurde. Wegen der – allerdings unberechtigten – Sorge, dass österreichischen
Schriftstellern ohne Mitgliedschaft der deutsche Markt versperrt werden könnte, wurde der kurzlebige,
nicht konstituierte österreichische Ableger (bis Okt. 1934) binnen kurzem zu einem der Mitglieder-
stärksten literarischen „Vereine“ in Österreich (450), der Aufnahmefilter
– arische Abstammung und
Ablegung eines „Hitler-Eids“12
– bedingt, dass sich die Liste der Mitglieder als Willenskundgebung, in
den Kanon der völkischen Schriftsteller Österreichs aufgenommen zu werden, liest.
Für die Herausbildung des neuen nationalsozialistischen Kanons der Ostmark, der mit der LSUS39
ein Jahr nach der Okkupation Österreichs im Wesentlichen abgeschlossen war, spielten spezifisch
österreichische Netzwerke im nationalsozialistischen Deutschland zweifellos eine zentrale Rolle.
Institutionell waren in der Frühzeit bis 1933 der genannte Kampfbund für deutsche Kultur (KdK),
der Volksbund für das Deutschtum im Ausland (VDA)13 und die NSDAP am bedeutendsten. Die
Machtergreifung Hitlers, das Verbot der „Partei“ in Österreich am 19.
Juni 1933, die Flucht der NS-
Landesleitung für Österreich nach München, die Machtverschiebung im Kulturbereich von Alfred
Rosenberg hin zu Joseph Goebbels und seinem RMVP und besonders der sogenannte Juliputsch
vom 25.
Juli 193414 intensivierten den Prozess v. a. durch die Flucht und Integration österreichischer
NSDAP-Anhänger nach Deutschland, die sich zum einen in der SA Gruppe Österreich (Österreichische
9 Amann96, 48.
10 Amann96, 42
f.
11 Barbian95, 207
– Renner86, 220.
12 Renner86, 222.
13 Siehe: Anton Bossi Fedrigotti – Heinz Brunner – Franz Peter Dimt – Viktor von Geramb – Ernst Joseph
Görlich
– Egon Hajek
– Josef Hieß
– Eberhard Kranzmayer
– Norbert Langer
– Emil Franz Lorenz
– Rode-
rich Müller-Guttenbrunn
– Leonhard Wilhelm Neußer
– Gottfried Nickl
– Richard Plattensteiner
– Maria
Notburga Rubatscher
– Hans Steinacher.
14 Der missglückte Juliputsch der Nationalsozialisten veränderte Hitlers Strategie gegenüber Österreich, der „An-
schluss“ sollte nunmehr durch Diplomatie und Infiltration herbeigeführt werden, die über das RMVP und die
Deutsche Gesandtschaft in Wien unter Franz von Papen vollzogen werden sollten. Mit ihm begann die „Ära
der aktiven Kulturpolitik des Dritten Reiches in Österreich“, das seine partikulare Selbstdefinition im We-
sentlichen kulturell begründete und damit der durchzusetzenden gesamtdeutschen Identität widersprach. Ab
Oktober 1934 richtete das RMVP in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigem Amt und seiner Dependance in
Wien eine Stelle ein, die sich kulturpolitisch mit Österreich befasste und von dem Württemberger Karl Megerle
(1894–1972) erfolgreich geleitet wurde (vgl. Amann96, 120
ff).
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Titel
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Untertitel
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Autor
- Uwe Baur
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Abmessungen
- 17.3 x 24.4 cm
- Seiten
- 478
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
- 3. Anthologien 1933–1945 271