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https://doi.org/10.7767/9783205212355 | CC BY 4.0
1. Zensur und Förderung
rich Bischoff,39 der später am 30.9.1941 in Wien „äußerst günstig“ den jüdischen Zsolnay-Verlag
übernahm.40
Die in einer Auflage von 13.000 gedruckten Listen41 konnten Einzelschriften, das Gesamtwerk
eines Autors, Reihen, Periodika und die Gesamtproduktion eines Verlags betreffen, sie waren streng
vertraulich und als „weltanschaulich-politisches ‚Kampfinstrument‘“42 nur für den Dienstgebrauch ge-
dacht: Einerseits um den Anschein zu wahren, dass in Deutschland keine Zensur existiere, noch 1939
wurde im offiziellen Organ der PPK betont, es gebe keinen nationalsozialistischen Index,43 andererseits
um Verleger und Buchhändler zur Selbstkontrolle und Selbstzensur zu zwingen
– die Listen waren für
sie nicht zugänglich.44 Verteilt wurde das Verzeichnis hingegen an alle RSK-Stellen, Landesobmänner
und spezifische Vertrauensleute des Buchhandels, die Landesfachberater für Leih
bücherei, das Gestapa,
die Gestapo, die Grenzpolizeistellen, den Sicherheitsdienst45 und die öffent lichen Bibliotheken, es
wurde empfohlen, sich bei diesen Stellen zu erkundigen.46 Daneben agierte die RSK mit Vertraulichen
Mitteilungen für Verleger, Buchhändler und Leihbüchereien, in denen informelle Anweisungen
ergingen,47 und mit Einzelbekanntmachungen im Großdeutschen Leihbüchereiblatt.48
Grundsätzlich vermied die RSK offiziell den Ausschließungsgrund „Jude“, sie agierte entsprechend
§ 10 der 1. Durchführungsverordnung des RKK-Gesetzes vom 1.11.1933,49 wonach eine Person, die
„die für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit und Eignung nicht besitzt“, nicht
Mitglied einer der Kammern werden konnte. Offiziell wurde daher zumindest bis Kriegsbeginn aus
außen- und wirtschaftspolitischen Gründen niemand indiziert, weil er Ausländer oder Jude war,50
AutorInnen und Werke wurden
– ungeachtet aus welcher Zeit stammend
– offiziell wegen politischer,
religiöser, erotischer und zersetzender Inhalte verboten. Daher wurden viele Juden zunächst „lediglich“
mit Verboten einzelner Schriften belegt und nicht in die Gesamtverbote eingereiht. Als Hauptinstru-
ment der Ausschaltung der in Deutschland lebenden Missliebigen diente deren unmögliche Aufnahme
in die RSK entsprechend dem genannten § 10. Der Literaturkalender von Kürschner scheidet erst mit
Kriegsbeginn 1939 rigoros alle Juden aus, nachdem Kurt O. Metzner von der RSK-Berlin als Mit-
herausgeber eingeschleust worden war. Schlussendlich wurden mit der Neufassung der o. a. Amtlichen
Anordnung betreffend das schädliche und unerwünschte Schrifttum vom 15.4.194051 explizit alle „Werke
voll- oder halbjüdischer Verfasser“ verboten, auch dann, wenn sie namentlich nicht in den LSUS auf-
scheinen (§ 4). Sonderregelungen betrafen unentbehrliche v. a. naturwissenschaftliche Schriften.52
39 Aigner71, 974
f.
40 Hall85, I, 407.
41 Brenner63, 52
f.
42 Graf91, 114.
43 NSB 4.1939, 65
– vgl. auch Barbian84, 171 (Vorschriften für den Gebrauch).
44 Brenner63, 53
– Aigner71, bes. 947
– Dahm93, 172-74
– Barbian95, 264
f.
45 Handbuch-RSK42, 77.
46 Graf91, 113
f.
47 Dahm83, 66.
48 Vgl. Handbuch-RSK42, 80
f.
49 RKKRecht43, 9.
50 Aigner71, 1002.
51 Abgedruckt in LSUS41.
52 Dahm83, 66.
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Titel
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Untertitel
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Autor
- Uwe Baur
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Abmessungen
- 17.3 x 24.4 cm
- Seiten
- 478
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
- 3. Anthologien 1933–1945 271