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Radetzkymarsch
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Erzähl nur weiter!« Carl Joseph schluckte, die Röte wich, er fror auf einmal. Langsam berichtete er und mit vielen Pausen. Dann zog er den Bücherzettel aus der Tasche und reichte ihn dem Vater. »Recht anständige Lektüre!« sagte der Bezirkshauptmann. »Bitte die Inhaltsangabe von ›Zriny‹!« Carl Joseph erzählte das Drama Akt für Akt. Dann setzte er sich, müde, blaß, mit trockener Zunge. Er warf einen geheimen Blick nach der Uhr, es war erst halb elf. Anderthalb Stunden ging noch die Prüfung. Es konnte dem Alten einfallen, Geschichte des Altertums zu prüfen oder germanische Mythologie. Er ging rauchend durchs Zimmer, die Linke am Rücken. An der Rechten klapperte die Manschette. Immer stärker wurden die Sonnenstreifen auf dem Teppich, immer näher rückten sie zum Fenster. Die Sonne mußte schon hoch stehen. Die Kirchenglocken begannen zu dröhnen, ganz nahe schlugen sie ins Zimmer, als schaukelten sie knapp hinter den dichten Jalousien. Der Alte prüfte heute lediglich Literatur. Er sprach sich ausführlich über die Bedeutung Grillparzers aus und empfahl dem Sohn als »leichte Lektüre« für Ferientage Adalbert Stifter und Ferdinand von Saar. Dann sprang er wieder auf militärische Themen, Wachdienst, Dienstreglement Zweiter Teil, Zusammensetzung eines Armeekorps, Kriegsstärke der Regimenter. Plötzlich fragte er: »Was ist Subordination?« »Subordination ist die Pflicht des unbedingten Gehorsams«, deklamierte Carl Joseph, »welchen jeder Untergebene seinem Vorgesetzten und jeder Niedere… « »Halt!« unterbrach ihn der Vater und verbesserte: »… sowie auchjeder Niedere dem Höheren« – und Carl Joseph fuhr fort: »zu leisten schuldig ist, wenn … « – »sobald«, korrigierte der Alte, »sobald diese die Befehlsgebung ergreifen.« Carl Joseph atmete auf. Es schlug zwölf. Jetzt erst begannen die Ferien. Noch eine Viertelstunde, und er hörte von der Kaserne her den ersten ratternden Trommelwirbel der ausrückenden Musik. Jeden Sonntag spielte sie um die Mittagszeit vor dem Amtshaus des Bezirkshauptmanns, der in diesem Städtchen keinen Geringeren vertrat als Seine Majestät den Kaiser. Carl Joseph stand verborgen hinter dem dichten Weinlaub des Balkons und nahm das Spiel der Militärkapelle wie eine Huldigung entgegen. Er fühlte sich ein wenig den Habsburgern verwandt, deren Macht sein Vater hier repräsentierte und verteidigte und für die er einmal selbst ausziehen sollte, in den Krieg und in den Tod. Er kannte die Namen aller Mitglieder des Allerhöchsten Hauses. Er liebte sie alle aufrichtig, mit einem kindlich ergebenen Herzen, vor allen andern den Kaiser, der gütig war und groß, erhaben und gerecht, unendlich fern und sehr nahe und den Offizieren der Armee besonders zugetan. Am besten starb man für ihn bei Militärmusik, am leichtesten beim Radetzkymarsch. Die flinken Kugeln 23
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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