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Radetzkymarsch
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Beruhigender als die andern war auch der Leutnant Kindermann, kein Zweifel. Er bestand aus einer blonden, rosigen und durchsichtigen Substanz, man hätte beinahe durch ihn durchgreifen können wie durch einen abendlich besonnten, luftigen Dunst. Alles, was er sagte, war luftig und durchsichtig, aus seinem Wesen fortgehaucht, ohne daß er sich vermindert hätte. Und der Ernst sogar, mit dem er den ernsten Gesprächen folgte, hatte etwas sonnig Lächelndes. Ein heiteres Nichts, saß er am Tischchen. »Servus!« pfiff er mit seiner hohen Stimme, von der Oberst Kovacs sagte, sie sei eines der Blasinstrumente der preußischen Armee. Fähnrich in der Reserve Bärenstein erhob sich vorschriftsgemäß, aber gravitätisch. »Respekt, Herr Leutnant!« sagte er. Guten Abend, Herr Doktor! hätte Carl Joseph ehrfurchtsvoll beinahe geantwortet. »Ich störe nicht?« fragte er nur und setzte sich. »Der Doktor Demant kommt heute zurück«, begann Bärenstein, »ich bin ihm zufällig am Nachmittag begegnet!« »Ein reizender Kerl«, flötete Kindermann, es klang wie ein zarter Windhauch, der über eine Harfe streicht, hinter dem starken, forensischen Bariton Bärensteins. Kindermann, ständig darauf bedacht, sein äußerst schwaches Interesse für Frauen durch eine besondere Aufmerksamkeit wettzumachen, die er ihnen zu widmen vorgab, bekundete ferner: »Und seine Frau – kennt ihr sie? – ein reizendes Geschöpf, eine charmante Frau!« Und er hob bei dem Wort »charmant« seine Hand, an der die lockeren Finger in der Luft tänzelten. »Ich hab’ sie noch als junges Mädel gekannt«, sagte der Fähnrich. »Interessant«, sagte Kindermann. Er heuchelte deutlich. »Ihr Vater war früher einer der reichsten Hutfabrikanten«, fuhr der Fähnrich fort. Es war, als läse er in Akten. Er schien über seinen Satz erschrocken und hielt ein. Das Wort »Hutfabrikanten« klang ihm zu zivilistisch, er saß schließlich nicht mit Rechtsanwälten zusammen. Er schwor sich im stillen zu, von nun ab jeden Satz genau vorher zu überlegen. Soviel war er der Kavallerie schon schuldig. Er versuchte, Trotta anzusehen. Der saß just an der Linken, und vor dem rechten Auge trug Bärenstein das Monokel. Deutlich konnte er nur den Leutnant Kindermann sehen: und der war gleichgültig. Um zu erkennen, ob die familiäre Erwähnung des Hutfabrikanten einen niederschmetternden Eindruck auf den Leutnant Trotta gemacht habe, zog Bärenstein sein Zigarettenetui und hielt es links hin, entsann sich gleichzeitig, daß Kindermann rangälter war, und sagte, nach rechts gewandt, hastig: »Pardon!« Schweigend rauchten jetzt alle drei. Carl Josephs Blicke richteten sich gegen das Bildnis des Kaisers an der Wand gegenüber. Da war Franz Joseph in blütenweißer Generalsuniform, die breite, blutrote Schärpe quer über der Brust und den Orden des goldenen Vlieses am Halse. Der große, schwarze Feldmarschallshut mit dem üppigen, pfauengrünen Reiherbusch lag neben dem Kaiser auf einem wacklig aussehenden Tischchen. Das Bild schien ganz 61
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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