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Radetzkymarsch
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beiden Seiten der Landstraße, mit Fröschen, Fieberbazillen und tückischem Gras, das den ahnungslosen, des Landes unkundigen Wanderern eine furchtbare Lockung in einen furchtbaren Tod bedeutete. Viele kamen um, und ihre letzten Hilferufe hatte keiner gehört. Alle aber, die dort geboren waren, kannten die Tücke des Sumpfes und besaßen selbst etwas von seiner Tücke. Im Frühling und im Sommer war die Luft erfüllt von einem unaufhörlichen, satten Quaken der Frösche. Unter den Himmeln jubelte ein ebenso sattes Trillern der Lerchen. Und es war eine unermüdliche Zwiesprach’ des Himmels mit dem Sumpf. Unter den Händlern, von denen wir gesprochen haben, waren viele Juden. Eine Laune der Natur, vielleicht das geheimnisvolle Gesetz einer unbekannten Abstammung von dem legendären Volk der Chasaren machte, daß viele unter den Grenzjuden rothaarig waren. Auf ihren Köpfen loderte das Haar. Ihre Barte waren wie Brände. Auf den Rücken ihrer hurtigen Hände starrten rote und harte Borsten wie winzige Spieße. Und in ihren Ohren wucherte rötliche, zarte Wolle wie der Dunst von den roten Feuern, die im Innern ihrer Köpfe glühen mochten. Wer immer von Fremden in diese Gegend geriet, mußte allmählich verlorengehn. Keiner war so kräftig wie der Sumpf. Niemand konnte der Grenze standhalten. Um jene Zeit begannen die hohen Herren in Wien und Petersburg bereits, den großen Krieg vorzubereiten. Die Menschen an der Grenze fühlten ihn früher kommen als die andern; nicht nur, weil sie gewohnt waren, kommende Dinge zu erahnen, sondern auch, weil sie jeden Tag die Vorzeichen des Untergangs mit eigenen Augen sehen konnten. Auch von diesen Vorbereitungen noch zogen sie Gewinn. So mancher lebte von Spionage und Gegenspionage, bekam österreichische Gulden von der österreichischen Polizei und russische Rubel von der russischen. Und in der weltfernen, sumpfigen Öde der Garnison verfiel der und jener Offizier der Verzweiflung, dem Hasardspiel, den Schulden und finsteren Menschen. Die Friedhöfe der Grenzgarnisonen bargen viele junge Leiber schwacher Männer. Aber auch hier exerzierten die Soldaten wie in allen andern Garnisonen des Reiches. Jeden Tag rückte das Jägerbataillon, vom Frühlingskot bespritzt, grauen Schlamm an den Stiefeln, in die Kaserne ein. Major Zoglauer ritt voran. Den zweiten Zug der ersten Kompanie führte Leutnant Trotta. Den Takt, in dem die Jäger marschierten, gab ein breites, biederes Signal des Hornisten an, nicht der hochmütige Fanfarenruf, der bei den Ulanen das Hufgetrappel der Rösser ordnete, unterbrach und umschmetterte. Zu Fuß ging Carl Joseph, und er bildete sich ein, daß ihm wohler war. Rings um ihn knirschten die genagelten Stiefel der Jäger über den kantigen Schottersteinchen, die immer wieder, jede Woche im Frühling, auf das 115
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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