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Radetzkymarsch
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ausg’schaut!« und legte sich wieder in die Kissen. Der Bezirkshauptmann stellte das Bild auf den Tisch, neben die Mutter Gottes, und kehrte ans Bett zurück. »Da geht’s bald aufwärts!« sagte Jacques lächelnd und zeigte auf den Suffit. »Hast noch lange Zeit!« erwiderte der Bezirkshauptmann. »Nein, nein!« sagte Jacques und lachte sehr hell. »Lang genug hab’ ich Zeit gehabt. Jetzt geht’s hinauf. Schau mal nach, wie alt ich bin. Ich hab’s vergessen.« »Wo soll ich nachsehn?« »Da unten!« sagte Jacques und deutete auf das Bettgestell. Es enthielt eine Schublade. Der Bezirkshauptmann zog sie heraus. Er sah ein sauber verschnürtes Päckchen in braunem Packpapier, daneben eine runde Blechschachtel mit einem bunten, aber verblaßten Bild auf dem Deckel, das eine Schäferin mit weißer Perücke darstellte, und erinnerte sich, daß es eine jener Konfektschachteln war, die in seiner Kindheit unter manchen Weihnachtsbäumen der Kameraden gelegen hatten. »Hier ist das Büchlein!« sagte Jacques. Es war Jacques’ Militärbuch. Der Bezirkshauptmann setzte den Zwicker auf und las: »Franz Xaver Joseph Kromichl.« »Ist das dein Büchl?« fragte Herr von Trotta. »Freilich!« sagte Jacques. »Aber du heißt ja Franz Xaver Joseph?« »Werd’ schon so heißen!« »Warum hast dich denn Jacques genannt?« »Das hat er so befohlen!« »So«, sagte Herr von Trotta und las das Geburtsjahr. »Dann bist du also zweiundachtzig im August!« »Was ist denn heut?« »Der neunzehnte Mai!« »Wie lang haben wir noch bis August?« »Drei Monate!« »So!« sagte Jacques ganz ruhig und lehnte sich wieder zurück. »Das erleb’ ich also nicht mehr!« »Mach die Schachtel auf!« sagte Jacques, und der Bezirkshauptmann öffnete die Schachtel. »Da liegt der heilige Antonius und der heilige Georg«, sprach Jacques weiter. »Die kannst du behalten. Dann ein Stück Lohwurzel, gegen Fieber. Das gibst deinem Sohn, dem Carl Joseph. Grüß ihn schön von mir! Das kann er brauchen, dort ist’s sumpfig. Und jetzt mach’s Fenster zu. Ich möcht’ schlafen!« Es war Mittag geworden. Das Bett lag jetzt ganz im hellsten Sonnenschein. An den Fenstern klebten reglos große spanische Fliegen, und der Kanarienvogel zwitscherte nicht mehr, sondern knabberte am Zucker. Zwölf Schläge dröhnten vom Turm des Rathauses, ihr goldenes Echo verhallte im Hof. Jacques atmete still. Der Bezirkshauptmann ging ins Speisezimmer. »Ich esse nicht!« sagte er zu Fräulein Hirschwitz. Er überblickte das Speisezimmer. Hier, an dieser Stelle, war Jacques immer mit der Platte gestanden, so war er an den Tisch getreten, und so hatte er sie dargereicht. Herr von Trotta konnte heute nicht essen. Er ging in den Hof hinunter, setzte sich auf die Bank an der Wand unter das braune Gebälk des hölzernen Vorsprungs und wartete auf die Barmherzige Schwester. »Er schläft jetzt!« sagte er, als sie kam. Der zarte Wind fächelte von Zeit zu Zeit vorüber. Der 131
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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