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Radetzkymarsch
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Unerrechenbare und Unerklärliche rührten, es enthüllten und häufig sogar bezwangen? Nein! Er wollte unmittelbar mit den Rätseln des Geschicks kämpfen und sie auflösen! Und er setzte sich zum Bakkarat. Und er gewann in der Tat. Und er hatte drei Neuner und drei Achter hintereinander, während Trotta lauter Buben und Könige bekam, Kapturak nur zweimal Vierer und Fünfer. Und da vergaß sich der Hauptmann Wagner. Und obwohl es zu seinen Grundsätzen gehörte, das Glück nicht merken zu lassen, daß man seiner sicher sei, verdreifachte er plötzlich den Einsatz. Denn er hoffte, den Wechsel heute noch »hereinzukriegen«. Und hier begann das Unheil. Der Hauptmann verlor, und Trotta hatte gar nicht aufgehört zu verlieren. Schließlich gewann Kapturak fünfhundert Kronen. Der Hauptmann mußte einen neuen Schuldschein unterschreiben. Wagner und Trotta standen auf. Sie fingen an, Cognac mit Neunziggrädigem zu mischen und diesen wieder mit Okočimer Bier. Der Hauptmann Wagner schämte sich seiner Niederlage, nicht anders als ein General, der besiegt aus einer Schlacht hervorgeht, zu der er einen Freund geladen hat, um den Sieg mit ihm zu teilen. Der Leutnant aber teilte die Scham des Hauptmanns. Und beide wußten, daß sie einander unmöglich ohne Alkohol in die Augen sehen konnten. Sie tranken langsam, in kleinen, regelmäßigen Schlucken. »Auf dein Wohl!« sagte der Hauptmann. »Auf dein Wohl!« sagte Trotta. Sooft sie diese Wünsche wiederholten, schauten sie sich mutig an und bewiesen einander, daß ihnen ihr Unheil gleichgültig war. Plötzlich aber schien es dem Leutnant, daß der Hauptmann, sein bester Freund, der unglücklichste Mann auf dieser Erde sei, und er fing an, bitterlich zu weinen. »Warum weinst du?« fragte der Hauptmann, und auch seine Lippen bebten schon. »Über dich, über dich!« sagte Trotta, »mein armer Freund!« Und sie verloren sich teils in stummen, teils in wortreichen Wehklagen. In Hauptmann Wagners Erinnerung tauchte ein alter Plan auf. Er bezog sich auf das Pferd Trottas, das er jeden Tag zu reiten pflegte, das er liebgewonnen hatte und zuerst selbst hatte kaufen wollen. Es war ihm gleich darauf eingefallen, daß er, wenn er soviel Geld hätte, wie das Pferd kosten mußte, ohne Zweifel ein Vermögen im Bakkarat gewinnen und mehrere Pferde besitzen könnte. Hierauf dachte er daran, dem Leutnant das Pferd abzunehmen, es nicht zu zahlen, sondern zu belehnen, mit dem Geld zu spielen und dann das Tier zurückzukaufen. War das unfair? Wem konnte es schaden? Wie lange dauerte es? Zwei Stunden Spiel, und man hatte alles! Man gewann am sichersten, wenn man sich ohne Angst, ohne auch nur ein bißchen zu rechnen, an den Spieltisch setzte. Oh, wenn man nur ein einziges Mal so spielen hätte können wie ein reicher, unabhängiger Mann! Einmal! 160
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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