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Radetzkymarsch
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»Warum?« »Man hat ihn einfach ausgewiesen!« Ja, so weit reichte also der Arm Franz Josephs, des alten Mannes, der mit Leutnant Trotta gesprochen hatte, einen blinkenden Tropfen an der kaiserlichen Nase. So weit reichte also auch das Andenken des Helden von Solferino. Eine Woche nach der Audienz des Bezirkshauptmanns hatte man Kapturak weggeschafft. Nachdem die politischen Behörden einmal einen erhabenen Wink erhalten hatten, verboten sie auch den Spielsaal Brodnitzers. Von Hauptmann Jedlicek war nicht mehr die Rede. Er versank in jene rätselhafte, stumme Vergessenheit, aus der man ebensowenig wiederkehren konnte wie aus dem Jenseits. Er versank in den militärischen Untersuchungsgefängnissen der alten Monarchie, in den Bleikammern Österreichs. Wenn den Offizieren gelegentlich sein Name einfiel, verscheuchten sie ihn sofort. Das gelang den meisten dank ihrer natürlichen Anlage, alles zu vergessen. Ein neuer Hauptmann kam, ein gewisser Lorenz: ein behäbiger, untersetzter, gutmütiger Mann mit einer unbezwinglichen Neigung zur Nachlässigkeit in Dienst und Haltung, jederzeit bereit, den Rock auszuziehen, obwohl es verboten war, und eine Partie Billard zu spielen. Dabei zeigte er seine kurzen, manchmal geflickten und ein wenig verschwitzten Hemdsärmel. Er war Vater dreier Kinder und Gatte einer vergrämten Frau. Er wurde schnell heimisch. Man gewöhnte sich sofort an ihn. Seine Kinder, die einander ähnlich waren wie Drillinge, traten zu dritt im Kaffeehaus auf, um ihn abzuholen. Allmählich verzogen sich die verschiedenen tanzenden »Nachtigallen«, die aus Olmütz, Hernais und Mariahilf. Nur zweimal wöchentlich spielte die Musik im Café. Aber es fehlte ihr bereits an Verve und Temperament, sie wurde aus Mangel an Tänzerinnen klassisch und schien eher den alten Zeiten nachzuweinen als aufzuspielen. Die Offiziere begannen, sich wieder zu langweilen, wenn sie nicht tranken. Wenn sie aber tranken, wurden sie wehmütig und hatten herzliches Mitleid mit sich selbst. Der Sommer war sehr schwül. Während der Exerzierübungen machte man zweimal am Vormittag Rast. Die Gewehre und die Mannschaften schwitzten. Aus den Trompeten der Bläser schlugen die Töne taub und unmutig gegen die schwere Luft. Ein dünner Nebel überzog den ganzen Himmel gleichmäßig, ein Schleier aus silbernem Blei. Er lag auch über den Sümpfen und dämpfte sogar den allezeit muntern Lärm der Frösche. Die Weiden rührten sich nicht. Alle Welt wartete auf einen Wind. Aber alle Winde schliefen. Chojnicki war in diesem Jahr nicht heimgekehrt. Alle grollten ihm, als wäre er ein vertragsbrüchiger Erheiterer, den die Armee zu allsommerlichen Gastspielen verpflichtet hatte. Damit das Leben in der verlorenen Garnison 252
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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