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Radetzkymarsch
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verführerisch wie der Klatsch, wie die Gelegenheit, eine günstige Gesinnung oder eine gehässige zu erspähen, eine Protektion anzuwenden, um die man gerade gebeten worden war, eine andere zu erringen, die man grad nötig hatte. Einige versprachen, im letzten Augenblick allerdings, eine Depesche. Diese Antworten und die Aussicht auf Depeschen vernichteten beinahe vollends die Sicherheit, die sich der Oberst Festetics in den letzten Tagen erworben hatte. »Es ist ein Unglück!« sagte er. »Es ist ein Unglück!« wiederholte der Rittmeister. Und sie ließen die Köpfe hängen. Wie viele Zimmer sollte man vorbereiten? Hundert oder nur fünfzig? Und wo? Im Hotel? Im Hause Chojnickis? Er war ja leider nicht da und hatte nicht einmal geantwortet! »Der ist tückisch, der Chojnicki. Ich hab’ ihm nie getraut!« sagte der Rittmeister. »Du hast ganz recht!« bestätigte der Oberst. Da klopfte es, und die Ordonnanz meldete den Grafen Chojnicki. »Famoser Bursche!« riefen beide gleichzeitig. Es wurde eine herzliche Begrüßung. Im stillen fühlte der Oberst, daß sein Genie ratlos geworden war und einer Unterstützung bedurfte. Auch der Rittmeister Zschoch fühlte, daß er sein Genie bereits erschöpft hatte. Sie umarmten den Gast abwechselnd, jeder dreimal. Und jeder wartete ungeduldig, bis die Umarmung des andern vorbei wäre. Dann bestellten sie Schnaps. Alle schweren Sorgen verwandelten sich auf einmal in leichtfertige, anmutige Vorstellungen. Wenn Chojnicki zum Beispiel sagte: »Dann werden wir hundert Zimmer bestellen, und wenn fünfzig leer bleiben, dann ist eben nix zu machen!«, riefen beide wie aus einem Munde: »Genial!« Und sie fielen noch einmal mit heißen Umarmungen über den Gast. In der Woche, die noch bis zum Fest verblieb, regnete es nicht. Alle Girlanden blieben hängen, alle Lampions. Manchmal erschreckte den Unteroffizier und die vier Mann, die am Rande des Wäldchens wie eine Feldwache lagerten und nach Westen spähten, nach der Richtung des himmlischen Feindes, ein fernes Grollen, Echo eines fernen Donners. Manchmal flammte ein fahles Wetterleuchten am Abend über die graublauen Nebel, die sich am westlichen Horizont verdichteten, um die untergehende rote Sonne sachte einzubetten. Weit von hier, wie in einer anderen Welt, mochten sich die Gewitter entladen. In dem stummen Wäldchen knisterte es von den trockenen Nadeln und von den verdorrten Rinden der Fichtenstämme. Matt und schläfrig piepsten die Vögel. Der weiche, sandige Boden zwischen den Stämmen glühte. Kein Gewitter kam. Die Girlanden blieben an den Drähten. Am Freitag kamen ein paar Gäste. Telegramme hatten sie angekündigt. Der 256
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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