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Radetzkymarsch
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zu murmeln anfing, schrie Trotta: »Ruhe!«, mit einer Stimme, die ihm wie eine geliehene vorkam, einer donnernden Stimme, vielleicht war es die Stimme des Helden von Solferino. Er fühlte sich eins mit seinem Großvater. Er selbst war der Held von Solferino. Sein eigenes Bildnis war’s, das unter dem Suffit des väterlichen Herrenzimmers verdämmerte. Der Oberst Festetics und der Major Zoglauer standen auf. Zum erstenmal, seitdem es eine österreichische Armee gab, befahl ein Leutnant Rittmeistern, Majoren und Obersten Ruhe. Keiner von den Anwesenden glaubte noch, die Ermordung des Thronfolgers sei lediglich ein Gerücht. Sie sahen den Thronfolger in einer roten, dampfenden Blutlache. Sie fürchteten, auch hier, in diesem Zimmer, in der nächsten Sekunde Blut zu sehen. »Befehlen Sie ihm zu schweigen!« flüsterte der Oberst Festetics. »Herr Leutnant«, sagte Zoglauer, »verlassen Sie uns!« Trotta wandte sich zur Tür. In diesem Augenblick wurde sie aufgestoßen. Viele Gäste strömten herein, Konfetti und Papierschlangen auf Köpfen und Schultern. Die Tür blieb offen. Man hörte aus den anderen Räumen die Frauen lachen und die Musik und die schleifenden Schritte der Tänzer. Jemand rief: »Der Thronfolger ist ermordet!« »Den Trauermarsch!« schrie Benkyö. »Den Trauermarsch!« wiederholten mehrere. Sie strömten aus dem Zimmer. In den zwei großen Sälen, in denen man bis jetzt getanzt hatte, spielten beide Militärkapellen, dirigiert von den lächelnden, knallroten Kapellmeistern, den Trauermarsch von Chopin. Ringsum wandelten ein paar Gäste im Kreis, im Kreis, zum Takt des Trauermarsches. Bunte Papierschlangen und Koriandolisterne lagen auf ihren Schultern und Haaren. Männer in Uniform und in Zivil führten Frauen am Arm. Ihre Füße gehorchten schwankend dem makabren und stolpernden Rhythmus. Die Kapellen spielten nämlich ohne Noten, nicht dirigiert, sondern begleitet von den langsamen Schleifen, die der Kapellmeister schwarze Taktstöcke durch die Luft zeichneten. Manchmal blieb eine Kapelle hinter der anderen zurück, suchte die vorauseilende zu erhaschen und mußte ein paar Takte auslassen. Die Gäste marschierten im Kreis rings um das leere, spiegelnde Rund des Parketts. Sie kreisten so umeinander, jeder ein Leidtragender hinter der Leiche des Vordermanns und in der Mitte die unsichtbaren Leichen des Thronfolgers und der Monarchie. Alle waren betrunken. Und wer noch nicht genügend getrunken hatte, dem drehte sich der Kopf vom unermüdlichen Kreisen. Allmählich beschleunigten die Kapellen den Takt, und die Beine der Wandelnden fingen an zu marschieren. Die 266
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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