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Radetzkymarsch
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In dem hageren Gesicht des Majors war alles in Bewegung. Die Fältchen schoben sich ineinander, die Haut zuckte, das Kinn wanderte hin und her, es schien geradezu zu pendeln, um die Backenknochen spielten ein paar winzige Muskelchen, die Augenlider flatterten, und die Wangen zitterten. Alles war in Bewegung geraten, vom Aufruhr, den die wirren, unausgesprochenen und unaussprechlichen Worte innerhalb des Mundes verursachen mochten. Eine Ahnung von Wahnsinn flackerte über diesem Angesicht. Zoglauer preßte Trottas Hand, sekundenlang, Ewigkeiten. Festetics und Zschoch kauerten immer noch regungslos auf den Stufen. Man roch den starken Holunder. Man hörte das sachte Tropfen des Regens und das zarte Rauschen der nassen Bäume, und schon begannen die Stimmen der Tiere zaghaft zu erwachen, die vor dem Gewitter verstummt waren. Die Musik im Innern des Hauses war still geworden. Nur die Reden der Menschen drangen durch die geschlossenen und verhängten Fenster. »Vielleicht haben Sie recht, Sie sind jung!« sagte Zoglauer endlich. Es war der lächerlichste, ärmlichste Teil dessen, was er in diesen Sekunden gedacht hatte. Den Rest, ein großes, verworrenes Knäuel von Gedanken, verschluckte er wieder. Es war lange nach Mitternacht. Aber im Städtchen standen noch die Menschen vor den Häusern, auf den hölzernen Bürgersteigen, und sprachen. Sie blieben still, wenn der Leutnant vorbeikam. Als er das Hotel erreichte, graute der Morgen schon. Er öffnete den Schrank. Zwei Uniformen, den Zivilanzug, die Wäsche und den Säbel Max Demants legte er in den Koffer. Er arbeitete langsam, um die Zeit auszufüllen. Er berechnete nach der Uhr die Dauer jeder Bewegung. Er dehnte die Bewegungen. Er fürchtete die leere Zeit, die vor dem Rapport noch zurückbleiben mußte. Der Morgen war da, Onufrij brachte die Dienstuniform und die glänzend gewichsten Stiefel. »Onufrij«, sagte der Leutnant, »ich verlasse die Armee.« »Jawohl, Herr Leutnant!« sagte Onufrij. Er ging hinaus, den Korridor entlang, die Treppe hinunter, in die Kammer, die er bewohnte, packte seine Sachen in ein buntes Tuch, band es an den Griff seines Knüppels und legte alles aufs Bett. Er beschloß heimzukehren, nach Burdlaki, die Erntearbeiten begannen bald. Er hatte nichts mehr in der kaiser- und königlichen Armee zu suchen. Man nannte so was »desertieren« und wurde dafür erschossen. Die Gendarmen kamen nur einmal in der Woche nach Burdlaki, man konnte sich verbergen. Wie viele hatten es schon gemacht! Panterlejmon, der Sohn Ivans, Grigorij, der Sohn Nikolajs, Pawel, der Blatternarbige, Nikofor, der Rothaarige. Nur einen hatte man gefangen und verurteilt, aber das war schon lange her! 268
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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