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Zipper und sein Vater
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5Kapitel Eines Abends, es war Sommer, neun Uhr, knapp nach dem Abendessen, just um die Stunde, in der die Bewohner des Viertels ihre Wohnungen verlassen (die Frauen ohne Hüte, die Kinder an der Hand, die Hunde ohne Leine und die Männer ohne Weste), um in den nächsten kleinen Park zu gehen oder auf den Kai, da sagte Zipper plötzlich zu seiner Frau: »Ich habe heute den Salon vermietet.« An diesem Abend ging die Familie Zipper nicht mehr an die Luft. Alle, die im Zimmer waren – auch ich, der ich gekommen war, meinen Freund abzuholen –, dachten, der alte Zipper sei verrückt geworden. Die Frau Zipper stand auf, trat hinter die Lehne ihres Sessels, wie hinter eine Schanze, um sich zu verteidigen. Als sie sah, daß ihr Mann ruhig saß, blieb auch sie bewegungslos stehen. Sie sah ihn gerade an, sie schien am schnellsten von uns zu begreifen. Auf einmal begann sie den Kopf zu schütteln, es war, als bekräftige sie etwas, was sie nur für sich gedacht hatte, als bejahte sie irgendeinem Unsichtbaren eine Frage, die er, nur ihr hörbar, gestellt hatte. Ja, ja, ja, ja, sagte fortwährend ihr armer Kopf, und ihre knochigen harten Hände lagen regungslos auf der Stuhllehne. Ja, ja, ja, ja, nickte ihr Kopf, und nichts sonst bewegte sich im Zimmer. Arnold saß ruhig da, Cäsar war schon fortgegangen, ich kauerte auf der Ecke eines Sofas, am Kopfende des Tisches saß der alte Zipper, und ihm gegenüber stand seine Frau und nickte mit dem Kopf. »Was nickst du so?« sagte Zipper. – Sie antwortete nicht – das heißt: ihr Mund antwortete nicht, aber ihr blasses feuchtes Auge antwortete, es ließ eine Träne fallen. Ich erinnere mich, wie sie glänzte, diese Träne auf dem gelben Gesicht. »Da läßt sich mein Freund, der Sekretär Wandl«, begann Zipper, »von seiner Frau scheiden. Das heißt, ich meine: nur von Tisch und Bett. Er sucht eine Wohnung. Wo soll er hin? ›Kommen Sie zu mir!‹ sag ich ihm. ›Ich hab einen Salon frei, ein Bett kann ich Ihnen nicht geben, aber jetzt werden Sie doch froh sein, eine Zeitlang kein Bett zu sehen, glaub ich, was?‹ Darauf lacht er natürlich. Von dem Preis –« »Ja, was zahlt er?« unterbrach ihn die Frau Zipper. Es war zum erstenmal, daß ich die Frau Zipper ihren Mann unterbrechen hörte. Sie dachte an die 22
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Zipper und sein Vater
Titel
Zipper und sein Vater
Autor
Joseph Roth
Datum
1928
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
112
Schlagwörter
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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