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Zipper und sein Vater
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10 Kapitel Es war spät in der Nacht, aus den Gärten hörte man das Zirpen der Grillen. Wir traten aus dem Kaffeehaus. Wir trafen uns dort oft. Man schloß es zu früh, es gab eine Polizeistunde, die wir haßten. Wir kamen spät einen Mokka trinken. Es schien uns damals, daß wir einander viel zu sagen hätten und daß es unmenschlich sei, Kaffeehäuser überhaupt zu schließen. Ich kann es mir heute, nachdem ich mich längst mit den Polizeistunden abgefunden habe, noch nicht erklären, weshalb wir damals glaubten, nur im Café könne man miteinander reden. Vielleicht weil wir gerade aus dem Krieg gekommen waren. So finster, arm und verzweifelt die Stadt auch aussehen mochte, wir waren heimgekehrte Städter und fühlten uns in ihr wohl nach den vielen hundert Abenden und Nächten im Schützengraben, nach den Nächten im Lehmboden, im Sumpf, nach den Nächten in Dorfhütten, mit der alten Zeitung in der Hand, nach den Nächten der Angriffe und der Trommelfeuer. Man warf uns hinaus, man schloß das Kaffeehaus, man stellte die Stühle übereinander, die Kellner versammelten sich an der Kasse, um abzurechnen. Da schlichen wir uns fort, heimatlose Hunde. Es war eine warme Sommernacht. Wir gingen hin und zurück, einer begleitete den andern, und war man vor der Haustür des einen angelangt, so fühlte man das Grauen, das oben wartete, im Zimmer, im Bett, im Schlaf, im Traum. Man kehrte um und ging vor die Tür des andern. Erst als der Morgen bleich hinter den Häusern stand, trennte man sich in der Mitte der Wege. Man fühlte jetzt weniger Angst vor diesem Haus, nach dem man sich im Krieg so gesehnt hatte und in dem man nicht mehr heimisch wurde nach der Rückkehr. Man schlief bei aufgehender Sonne ruhig ein; denn man wollte nicht sehen, wie ein Tag beginnt. In so einer Nacht erzählte Arnold, was der Onkel über seine Absichten gesagt hatte: »Und wenn ihr mir eine Million dazugeben würdet, Schwägerin und Bruder, ich nehme euren Sohn nicht. Ich habe Geld, er könnte bei mir leben, er könnte auf jeden Fall essen. Aber ich nehme ihn nicht. Brasilien ist ein gefährliches Land. Wer dort etwas werden kann, der ist schon längst hingegangen, dort ist er ein fertiger Mensch geworden. Aber einen fertigen Europäer nehme ich nicht auf mein Gewissen. Wenn ich ihm mit einem Darlehn helfen kann, wenn er sich hier im Lande ansiedeln will, ich will ihm 45
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Zipper und sein Vater
Titel
Zipper und sein Vater
Autor
Joseph Roth
Datum
1928
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
112
Schlagwörter
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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