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Zipper und sein Vater
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12 Kapitel Die Stammgäste begrüßten ihn so herzlich, nicht etwa, weil sie sich über seine Wiederkunft aufrichtig freuten, sondern weil seine Heimkehr ein Ereignis war. Ihr Leben war arm an Ereignissen. Die Stammgäste saßen im Kaffeehaus wie Belagerte in einer Festung. Nichts aus der Welt gelangte zu ihnen, keiner von ihnen erreichte die Welt. Sie hätten sich ebenso gefreut,wenn sie in diesem Augenblick nicht Arnold wiedergesehen, sondern wenn sie etwa erfahren hätten, daß er Selbstmord begangen habe. Sie mochten ahnen, daß etwas Wichtiges, etwas Geheimnisvolles in sein Leben getreten sei. Denn sie hatten es noch niemals gesehen, daß jemand aus einem gleichgültigen Grund länger als eine Woche aus dem Kaffeehaus weggeblieben wäre. Es war wirklich eine wichtige Veränderung mit Arnold vorgegangen: er hatte Fräulein Erna Wilder getroffen. Natürlich erzählte er das nicht bei Licht. Arnold Zipper sprach von ihr – und überhaupt, wenn er ein Geständnis abzulegen hatte – nur in der Nacht, wenn wir nach Hause gingen. Er erzählte nicht die ganze Wahrheit. Er sagte nur, nachdem wir eine halbe Stunde schweigsam nebeneinander gegangen waren, und während ich fühlte, wie er nach einem passenden Anfang suchte – er sagte nur: »Ich habe Erna Wilder getroffen.« Getroffen war ein falsches Wort. Arnold hatte sie aufgesucht, wie ich später erfahren sollte. Da sie die Wohnung ihrer Eltern vor einem Jahr verlassen hatte, mußte sich Arnold in der Schauspielschule erkundigen. Man gab ihm nicht ihre Adresse. Er wartete also vor der Schule, wie ein verliebter junger Mann es tut. Er sah sie herauskommen. Er ging ihr nach, bis sie ihr Haustor erreicht hatte und von ihrer Begleitung Abschied nahm. Bevor sie die Treppe hinaufstieg, grüßte Zipper und fragte, wie es ihr gehe. Das alles erfuhr ich aber erst später. Vorläufig begnügte sich Arnold mit der Mitteilung, daß Erna ein »netter, sympathischer Mensch« geworden sei. Sie hätte sich stark verändert seit dem Sommer im schlesischen Kurort. Das sei schließlich kein Wunder. Auf solche allgemeine Mitteilungen beschränkte sich Arnold. 62
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Zipper und sein Vater
Titel
Zipper und sein Vater
Autor
Joseph Roth
Datum
1928
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
112
Schlagwörter
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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