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Kultur, Öffentlichkeit und Politik | 33
Die Bezugnahme auf die Freiheit der Kunst und der Schutz vor einer unzu-
lässigen Bevormundung beziehungsweise politischen oder wirtschaftlichen Ver-
einnahmung kann daher als legitime Rechtfertigungs- oder Verteidigungsstrate-
gie (Abwehrrecht) betrachtet werden. Umgekehrt liegt gerade in der Funktion
von Kunst- und Kulturproduktion im Spannungsfeld zwischen Freiheit vom Staat
und Freiheit durch den Staat ein wichtiger Gradmesser für die demokratische
Verfasstheit einer Gesellschaft – wenn in autoritären oder fundamentalistischen
Staaten Zensur und Repression stattfindet, während in stabilen Demokratien eher
ethische oder normative Fragen in Zusammenhang mit Kunst und Kultur, deren
Produktion und Rezeption diskutiert werden.
Vor diesem Hintergrund geht es in dieser Untersuchung darum, den Fokus auf
die Prozesse der Aushandlung und damit die Frage der demokratischen Delibera-
tion von kulturpolitischen Entscheidungen zu richten, die die Bedingungen zur
Produktion, Rezeption, Distribution von Kunst- und Kulturgütern beeinflussen.
Dies richtet die Aufmerksamkeit auf die politische Dimension der Cultural
Governance. Wie wird politische Macht von unterschiedlichen AkteurInnen –
sowohl jenen, die im Rahmen der repräsentativen Demokratie legitimiert sind,
als auch von kollektiven und individuellen zivilgesellschaftlichen AkteurInnen –
ausgeübt? Wie werden Entscheidungen verhandelt, begründet, getroffen und le-
gitimiert?
2.2 KULTUR ALS ERZEUGUNG VON ÖFFENTLICHKEIT
ALS VORAUSSETZUNG VON LEGITIMITÄT
Ich gehe hier davon aus, dass individuelle wie kollektive AkteurInnen teils un-
terschiedliche, teils geteilte Ziele verfolgen und dabei über ein teils unterschied-
liches, teils geteiltes Repertoire an sozialen und kulturellen Praktiken und Fähig-
keiten verfügen, um ihre Rolle auszufüllen und impliziten wie expliziten Regeln
zu folgen. Kulturpolitisches Handeln und die diesem Handeln zugrunde liegen-
den Konzepte, Erwartungen und Begründungen erfolgen immer in einem unab-
geschlossenen Raum des Aushandelns und der Neueinschreibung, der jenseits
von normativen Festlegungen immer neu zu verorten und damit „lokal und situa-
tiv“ (Zembylas, 2004: S. 307) ist. Praktische und diskursive Strukturen in Aus-
handlungssituationen und „unterschiedliche Rechtfertigungskontexte“ (ibd.)
wirken inkludierend oder exkludierend. Die Beziehungen zwischen den Akteu-
rInnen in der Arena der Cultural Governance sind damit von Machtasymmetrien
bzw. Herrschaftsverhältnissen geprägt, die der normativen Vorstellung von Cul-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293