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268 | Cultural Governance in Österreich
Trotz individuellen Protests der Kulturinitiativen gelang es in Linz nicht, die
breite Öffentlichkeit so zu mobilisieren, dass genügend Druck auf die Politik
ausgeübt werden konnte, um Einsparungen im Kulturbereich zu verhindern.
Problematisch im Hinblick auf die Vermittlung gegenüber einer breiten Öffent-
lichkeit ist dabei auch, dass sich die Kulturförderung auf zahlreiche einzelne Ini-
tiativen, darunter viele kleine Initiativen und Privatpersonen bezieht, die keine
große öffentliche Bekanntheit haben. Selbst wenn die breite Öffentlichkeit an
den Angeboten größerer städtischer Kulturbetriebe nicht oder nur wenig partizi-
piert, so entfalten diese doch eine symbolische Wirkung für die Stadt und ihre
BewohnerInnen (einerseits integrierend, andererseits mit Pierre Bourdieu als
Ausdruck „symbolischer Gewalt, als Mechanismus und Manifestation von Herr-
schaft derjenigen, die am Wohlstand partizipieren und als Ausschluß derjenigen,
denen das nicht gelingt“ (Göschel, Kirchberg, 1998: S. 9)).
Wenn die Narrative der bürgerlich-konservativen Kulturpolitik (Tradition,
Hochkultur, Exzellenz) und der sozialdemokratischen Kulturpolitik („Kultur für
alle“, Partizipation, Zusammenhalt) bei der breiten Mehrheit der Bevölkerung
nicht greifen, kann eine Kritik von rechtspopulistischen Parteien wie der FPÖ an
öffentlicher Kulturfinanzierung („Geldverschwendung“, „intransparente Klien-
telpolitik“, „Selbstbedienung der linken Kulturschickeria“) genau diese Aus-
schlussmechanismen bedienen. Dass die kulturpolitische Entscheidungsfindung
weitestgehend im nicht-öffentlichen Raum stattfindet und sich hauptsächlich um
Allokationsfragen dreht, läuft somit einer breiten Vermittlung des gesellschaftli-
chen Werts der Arbeit von Kulturschaffenden und KünstlerInnen und deren Le-
gitimation bzw. Akzeptanz in einer breiten Öffentlichkeit entgegen.
7.6 ZUSAMMENFASSENDE ANALYSE DER
SOZIALEN WELTEN IN DER ARENA
DER CULTURAL GOVERNANCE
Als kollektiver Handlungsschauplatz ist die Arena der kulturpolitischen Ent-
scheidungsfindung hierarchisch auf die Welt der Politik ausgerichtet. Dies ist im
repräsentativen demokratischen System legitim. In der Analyse zeigt sich je-
doch, dass die Spielräume, die im Rahmen der nicht-hoheitlichen Verwaltung für
die Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft zur gemein-
samen Bewältigung von kulturpolitischen Aufgaben möglich sind, in den unter-
suchten Städten nur schwach genutzt werden. Der von der Politik geprägte Mo-
dus der Governance ist nicht kooperativ-deliberativ. Die von den Entscheidun-
gen Betroffenen agieren tendenziell in einem Forderungsmodus bzw. einem Mo-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293