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23» Vierte Periode 1522 —t?40. , <5.
Italien und zehnmahl die Niederlande besucht; zweimahl >ey er in Eng-
land und eben so oft in Afrika gewesen, und überhaupt habe er eilf Seerei-
sen gemacht. Jetzt erinnere ihn sein hinfälliger Körper, sich aus dem Gewühle
der irdischen Geschäfte zu entfernen, und ihre Last auf jüngere Schulternzu
legen. Habe er während seiner vielen Beschäftigungen und Anstrengungen
etwas Wichtiges versäumt oder nicht recht gemacht, so bitte er alle, die da-
durch gekränkt worden, recht herzlich um Vergebung. Er selber werde seiner
treuen Unterthanen bis an sein Ende in Liebe'gedenken, und Gott für ihre
Wohlfahrt anflehen. Hier wandte er sich an seinen Sohn, der auf ein Knie
niedersank, und seine Hand küßte. Gr erinnerte ihn, wie würdig ^r schon
seines kindlichsten Dankes seyn müßte, wenn er ihm s° viele blühende Län-
der nach seinem Tode hinterließe, wie sehr aber die väterliche Wohlthat noch
dadurch an Werth gewinne, daß er ihm alles dieses schon jetzt bei seinen Leb-
zeiten freiwillig abtrete. Nach den dringendsten Ermahnungen zu einer ruhm-
würdigen und gerechten Regierung, mit denen er die Rede schloß, sank er
zuletzt erschöpft in den Armstuhl zurück.
Im Javier des folgenden Jahres (1556) geschah zu Brüssel die nicht
minder feierliche Abtretung von Spanien mit allen, sowohl in der alten
als in der neuen Welt davon abhängigen Ländern; und durch ein am
7. September erlassenes Schreiben überwies Car l die Churfürsten,
Fürsten uud Stände des Deutschen Reiches an seinen Bruder, den Rö-
mischen König Ferdinand, der seitdem als Kaiser über Deutschland
herrschte.
Am 17. September 4556 schiffte sich Car l nach Spanien ein. Er
hatte sich schon vorher zu seinem künftigen Ruheplatz neben dem Hiero-
nymiter-Kloster San Iusto in Esiremadura, in einer wegen ihrer Schön-
heit berühmten Gegend, ein kleines Haus erbauen lassen. In dieser Ein-
samkeit verlebte er den Nest seiner Tage, und theilte seine Zeit zwischen
dem Gartenbau, der Beschäftigung mit allerlei künstlichen und mecha-
nischen Zusammensetzungen, die er sehr liebte, und Audachtsübungen.
Letztere hatte er auch in seinem geschäftigsten Leben so wenig vernachlässigt, daß
man schon in seinem dreißigsten Jahre von ihm zu sagen pflegte: der Kaiser
rede mehr mit Gott, als mit Menschen. Daß Gott ihn die Nichtigkeit der
irdischen Größe habe einsehen lassen, erklärte er für eine größere Wohlthat,
als daß er dieselbe jemahls besessen, Sechs Monathe vor seinem Tode ent-
sagte er jeder Erhohlung, um frommen Uebungen und dem Gebethe ganz
leben zu können. Nach der Erzählung einiger Schriftsteller kam er kurz vor
seinem Ende auf den Gedanken, sein eigenes L.'ichenbegänaniß zu feiern. In
ein Sterbekleid gehüllt und von seinen Dienern umgeben, legte er sich in ei-
nen Sarg, der in der Mitte der Kirche stand. Man hielt das Todtenamt,
und der Monarch mischte seine Stimme mit dem Gesänge der Priester, die
für ihn beiheten. Nach der letzten Besprengung entfernten sich alle, und die
Thüren wurden geschlossen. Er blieb noch einige Zeit in dem Sarge; dann
erhob er sich, warf sich vor dem Altare nieder, und kehrte in sein Gemach
zurück, wo er die Nacht in tiefem Nachdenken zubrachte. Die heftige Bewe-
gung, die ein so erschütternder Auftritt in dem Gemüthe Carl's bewirken
mußte, beschleunigte das Ende seiner Tage; ein Fieber befiel ihn, an wcl-
^ chem er am 21- September 4558 in einem Alter von 59 Jahren starb,
^Carl 'V- war von edlem Netragen und feinen Sitten; er sprach wenig, und
lächelte selten. Von ausdauernder Festigkeit, langsam im Beschließen, schnell
im Ausführen, eben so reich an Hilfsmitteln als scharfsinnig in ihrer Wahl,
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Title
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Author
- Leopold Haßler
- Publisher
- Ignaz Klang
- Location
- Wien
- Date
- 1842
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 12.31 x 20.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494