Page - 294 - in Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
Image of the Page - 294 -
Text of the Page - 294 -
Vierte Periode 1522—l?4o
dringenden Bedürfuisse der Vereinigung entgegen zu rücken. Johann
Georg erhielt die Lausitz als Böhmisches Mannslehen erblich, und
für seinen zweiten Sohn, August, das Erzstift Magdeburg auf Lebens-
zeit; die mittelbaren Kirchengüter, welche die Protestanten vor dein
Passauer Vertrage eingezogen, sollten den Besitzern verbleiben; die üb-
rigen und die sämmtlichen unmittelbaren noch vierzig Jahre bis auf wei-
tern Austrag der Sache. Für diese Vortheile sagte der Churfürst von
Sachsen dem Kaiser Hilfe zu, gegen Schweden und jeden anderen
Reichsfeind, und gab zugleich die Sache des Pfälzischen Hauses auf.
In demselben Sommer nahm fast ganz Deutschland danlbar und
begierig die Gabe des Friedens an, deren es so sehr bedürfte. Nur
Landgraf Wi lhe lm von Hessen-Cassel und Herzog Bernhard
von Weimar schlugen sie aus;
jener, weil ihm vermöge des Friedens nur die AbteiHlrschfelb geblieben seyn
würde, währen!» er durch Waffengewalt Meister von Paderborn, vom Eichs-
felde und von dem größten Theile des Münsterischen war; dieser in Hoffnung,
statt des erträumten, au« Würzburg undBamberg zu bildenden Herzogthum«
Franken, sich im Elsaß ein eigenes Fürstenthum zu gründen.
Nach der Nördlinger Schlacht und seit dem Prager Frieden wäre
die glorreiche Beendigung des unheilvollen Krieges für den Kaiser ei»
Leichtes gewesen, wenn nicht Frankreich, das keinen protestantischen
König mehr fand, den es gegen Oesterreich hätte bewaffnen können, nun-
mehr selbst als Kämpfer für den Protestantismus in Deutschland auf-
getreten wäre.'Es kam unter dem Malschall de la Force ein Fran-
zösisches Heer über den Rhein, und so gewann der schreckensreiche Krieg
neue Nahrung. Er dauerte noch vierzehn volle Jahre blutig und wech-
selvoll.
Orenstierna, durch Französisches Geld wieder belebt, zog ein
neues Heer von i6,noo Mann aus Schweden nach Deutschland unter
den Befehlen des schrecklichen Bann/r . Dieser siegte bei Wittstock
(24. September 16Z6), und warf sich dann über Brandenburg und
Sachsen. Empörend lauten in den Chroniken die Berichte von dem Elende,
das er, vom Hasse angetrieben, über diese Länder brachte.
Niemand konnte mehr das Feld bebauen aus Mangel an Saatkorn, an Zug-
' vieh und an Menschenhänden. Gefallenes Vieh, Ratten und Mäuse wurden
zu Leckerbissen. Viele Leichname fand man an den unreinsten Orten, wo
die Armen wenig Stunden vor ihrem Hungertobe noch eine letzte Nahrung
gesucht hatten. Im Magdeburgischen soll selbst Menschenfleisch verzehrt wor-
den seyn. Wenn rs zuweilen geglückt war, eine Fuhr Getreide den Augen
dcr Schweden zu entziehen, und in eine Stadt einzuführen, so wurden die
Näckerhäuser dergestalt umdrängt, daß viele erstickten, u»d selten konnte
doch das frische Brot selbst nur die befriedigen, welche noch Geld hatten. Die
Noth erzeugte Seuchen aller Art, welche die Menschen zu Hunderten weg-
rafften. An vielen Orten war das Sterben so groß, daß die Leichname hau-
fenweist wie auf dem Schlachtfelde in die Gruben geworfen werden mußten.
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Title
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Author
- Leopold Haßler
- Publisher
- Ignaz Klang
- Location
- Wien
- Date
- 1842
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 12.31 x 20.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494