Page - 422 - in Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
Image of the Page - 422 -
Text of the Page - 422 -
Fünfte Periode 1740-1838.
mend magerer. Im Dezember 1789 verschlimmerte sich sein Zustand wie-
der, und im Jänner I7Zl) entschied sich dessen Unheilbarkeit. Seine Leiden
waren groß. Unaufhörlich wechselte er seine Stelle, um sich Linderung zu
verschaffen. Vor seinem Tode gab er viele Beweise von Frdmmigk.it und
einem wahrhaft christlichen Sinne Mitten in dc» vielfachen Schmerzen,
die ihn quälten, wich seine angeborne Unruhe, die ein Hauptzug seines
Gemülhes war, der Geduld und einer frommen Grgcbunz. AIs er die
beunruhigende Abnahme seiner Kräfte fühlte, versammelte er seine Aerzte,
»nd drang in sie, sich offen über seinen Zustand zu erklären. S^e verkün-
deten ihm sein baldiges Ende, und er nahm diesen Ausspruch mit hoher
Standhaftigkeit hin. Sogleich schrieb er an seinen Bruder Leopold, er
möchte »ach Wien kommen. Hierauf erfüllte er nüt tieftr Andacht die
Pflichten des katholischen Christm, und empfing die heiligen Sacramente
gesammelt und mit völliger Unterwerfung unter den Rathschluß der gött-
lichen Vorsehung. Während seiner g,inzcn Krankheit und trotz seiner furcht-
baren Leiden behielt Joseph doch die ganze Thätigkeit seines Geistes.
Kurz vor seinem Tode ließ er noch Bemerkungen aufzeichnen, die er dem
Fürsten Kaunitz sendete nebst einem Briefe, worin er diesem berühmten
Staatsmanne seine Achtung und Dankbarkeit bezeigte. Durch Haddi l
nahm er von der Armee Abschied, und zu dem Helden Loudon sagte er,':
«Ich sterbe mit der Gewißheit, daß Sie die Stutze meines Heeres seyn werden.
Geben Sie mir Ihre Hand, denn bald werde ich nicht mehr die Freude ha-
ben, sie zu drücken.«
Den letzten Stoß gab ihm drr unvermuthete Tod seiner geliebten
Nichte, der Erzherzogin Elisabeth aus dem Hause Würtembera,
Schwester der Gemahlin des Großfürsten Paul von Nuß land. Er
selbst hatte sie zur Gemahlin seines geliebten Neffen, des Erzherzogs
Franz, erwählt. Er liebte sie als Vater, und sie hatte für ihn eine
kindliche Achtung und Zärtlichkeit. Der Anblick der Leiden, welche der
Kaiser ausstand, machte, daß sie vor der Zeit niederkam und starb.
Vei dieser traurigen Nachricht versank Joseph einige Augenblicke in
tiefen Schmerz, dann rief er: »O Gott, dein Wille geschehe!« Mit
männlicher Fassung traf er selbst Anstalten zu ihrem Begräbnisse, da-
mit, wie er hinzusetzte, für seine Leiche Platz werde. Am 20. Februar
4790, gegen drei Uhr Morgens, als er seinen Tod fühlte, verlangte er
nach seinem Beichtvater. Als ihm dieser die von der Kirche verordneten
Gebethe vorlas, wiederholte der sterbende Kaiser mit der größten In-
brunst die drei inhaltschweren Worte: Glaube, Hoffnung, Liebe. Zwi-
schen 5 und 6 Uhr verschied er ruhig im ä^« Jahre seines Lebens, im
zehnten seiner Regierung.
Seine Züge waren nicht entstellt. Man meinte einen schlummernden Kran-
ken zu sehen, wiewohl seine Leiden ihn schon zu>n Gerippe gemacht hatten.
Am Tage seines Todes war die Beerdigung der Erzherzogin G l i-
sabeth, und am 22. Februar wurde er selbst in der kaiserlichen Fami-
liengruft beigesetzt.
Joseph war von mittlerer Statur, sehr gut gebaut und kräftig. Seine
Haare waren lichtbraun, die Slirn gewölbt, die Nase nach Habsburgischer
Art gebogen/ und die Augen so herrlich blau, daß ihre Farbe lange Zeit,
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Title
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Author
- Leopold Haßler
- Publisher
- Ignaz Klang
- Location
- Wien
- Date
- 1842
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 12.31 x 20.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494