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Biographische Notizen
Als Lanner am 16. April 1843 zu Grabe getragen wurde1, säumten mehr als 20 000 Menschen die Straßen,
durch die sich der Leichenzug bewegte, Abordnungen des ersten und zweiten BĂĽrgerregiments, mit Johann
StrauĂź Vater an ihrer Spitze, gaben dem Verstorbenen das letzte Geleit.
Dass Lanner einst als einer der größten Komponisten des Biedermeiers, als Schöpfer des modernen Wie-
ner Walzers in die Geschichte eingehen wĂĽrde, wurde ihm wahrlich nicht an der Wiege gesungen. In den
knapp zwanzig Jahren seines öffentlichen Wirkens als Komponist und Leiter seiner eigenen Tanzforma-
tionen schrieb er weit ĂĽber dreihundert Werke, dirigierte bei Tausenden von Ballveranstaltungen und
Konzerten, unternahm Reisen, die ihn bis Pesth, Graz, Innsbruck und Mailand fĂĽhrten.
Angesichts eines so öffentlichen Lebens wie das Lanners mag es erstaunen, dass Biographisches so gut
wie unbekannt ist. Primärquellen wie Briefe sind nahezu inexistent, ob Lanner jemals ein Tagebuch ge-
schrieben hat, kann nicht nachgewiesen werden. Während wir über Mozarts Leben seit dessen frühester
Kindheit Bescheid wissen, uns Beethovens intimste Vorlieben wie Abneigungen durch seine Konversati-
onshefte vertraut sind, liegt Lanners Lebensalltag ĂĽber weite Strecken im Dunkeln.
Mehrere Gründe dafür lassen sich anführen: Lanners Abneigung gegen längere Reisen (wodurch wich-
tige Quellen wie Reiseberichte entfallen) sowie sein teils ungeordnetes Privatleben (Lanner lebte – ähn-
lich wie Johann Strauß Vater – von seiner Gattin getrennt) gestalten die Spurensuche schwierig. Briefe
sind im Lauf der Jahrzehnte verloren gegangen, etliche Manuskripte – so sie jemals existiert haben –
mĂĽssen als verschollen gelten. Lanners Sohn August starb 1855, im Alter von nur zwanzig Jahren. Nicht
zuletzt das intensive Berufsleben (mit manchmal bis zu drei öffentlichen Auftritten in einer einzigen
Nacht, neben Komponieren, Niederschrift des Komponierten, Organisation der Bälle und Konzerte
usf.) ließ wenig Zeit für andere Tätigkeiten, aus denen sich Bedeutsames für die Lebensforschung ge-
winnen lieĂźe.
Die ersten Biographien gleichen eher Legendenbeschreibungen, wissenschaftlich fundierte Recherche
war ein Fremdwort. Fritz Langes2 Doppelbiographie ĂĽber Lanner und Johann StrauĂź Vater3 aus 1904
ist dafĂĽr ein beredtes Beispiel. Erst in neuerer Zeit wurden mit Krenns4 und Brusattis5 Untersuchun-
gen ernstzunehmende Arbeiten vorgelegt, auf die hier explizit verwiesen wird. Unter frĂĽheren Publi-
kationen sei besonders Linkes6 Buch über die Familie Strauß erwähnt, welches streckenweise Lanner
einbezieht, seine Spezialuntersuchung „Es musste einem was einfallen“7 wird in späteren Kapiteln
ausführlich gewürdigt. Schönherrs8 Verzeichnis der Werke von Johann Strauß Vater ist eine wertvolle
Ergänzung, kompakte Informationen bietet der Katalog9 zur Lanner-Ausstellung der Wienbibliothek
im Jahr 2001.
1 Eine ausführliche Beschreibung des Begräbnisses findet sich in „Allgemeine Theaterzeitung und Originalblatt für Kunst,
Literatur und geselliges Leben“ (im Folgenden kurz Theaterzeitung genannt), hrsg. Adolf Bäuerle, am 18. 4. 1843.
2 Fritz Lange, Joseph Lanner und Johann StrauĂź, Wien 1904.
3 Um Missverständnisse zu vermeiden, wurde durchwegs „Johann Strauß Vater“ verwendet, in mancher Literatur findet sich
auch „Johann Strauß der Ältere“ zur Unterscheidung von seinem Sohn. In Zeitungsartikeln ist somit immer er gemeint, auch
wenn nur von StrauĂź die Rede ist. (Anm. d. V.)
4 Herbert Krenn, Lenz-Blüthen, Wien-Köln-Weimar 1994.
5 Otto Brusatti, Joseph Lanner, Wien-Köln-Weimar, 2001.
6 Norbert Linke, Musik erobert die Welt, Wien, 1987.
7 Norbert Linke, Es musste einem was einfallen, Tutzing, 1992.
8 Max Schönherr, Karl Reinöhl, Johann Strauß Vater, Ein Werkverzeichnis, London, 1954.
9 FlĂĽchtige Lust, Katalog zur Ausstellung Joseph Lanner, Wien, 2001.
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Title
- Joseph Lanner
- Subtitle
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Author
- Wolfgang Dörner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Size
- 21.0 x 29.5 cm
- Pages
- 752
- Keywords
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn – Werden – Sein 21
- Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
- Tanz 28
- Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
- Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
- Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- Widmungsträger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
- Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik – Biedermeier 108
- Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
- Rezension – Rezeption 113
- FlĂĽchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang