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Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
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112 Joseph Lanner – Leben und Werk erhellten Nacht“ lauscht (siehe oben), seien es die dunklen Orchesterklänge der „Pesther-Walzer“ oder der „Nacht-Violen“. Romantik ist Werden und Vergehen, nie ist es Sein. Feststehendes ist dem Walzer fremd wie dem Wan- derer, Fließendes kennzeichnet beide. Kongenial zu seinen Melodien entwirft Lanner seine rhythmischen Modelle: Hemiolen, Synkopen heben den starren Walzerrhythmus auf, überlagern, stören ihn. In seinen Introduktionen baut Lanner Szenen des Sich-Annäherns, an die Tanzfläche, an den Tanz, aber auch an Vertrautheit, Verliebtheit, an Liebe. Zögernd, forsch, sich hingebend, dann wieder zurückziehend sind seine Charaktere. „Erwachen heiterer Gefühle“ könnte über vielen seiner Einleitungen stehen, mit sto- ckenden Fermaten, mit Themen, die sich entwickeln wie unbestimmte und unbestimmbare Ahnungen, die oft erst am Ende, in der Kadenz sich festigen, sich finden. Die vorangegangenen Absätze lassen bewusst auf das fragwürdige Abenteuer sich ein, romantische Musik in romantischer Sprache zu beschreiben. E. T. A. Hoffmanns Rezension (gleiches gilt für alle poetischen Aufsätze von Tieck, Wackenroder bis hin zu Schumann) bleibt unkonkret dort, wo die geschilderten Gemütszustände in der jeweiligen Komposition zu verorten wären. Komorzynskys Vogelruf290 ist das Victory-Zeichen des deutschen Widerstandes in London, was den einen Beethovens Schicksalsgepoche ist, ist dem anderen ein dreinotiges auftaktiges Motiv mit anschließendem Terzfall.291 Die poetische Idee nachzuweisen, die seit 1800 jedem Stück zugrunde zu liegen hat, stellt den Analytiker vor unlösbare Pro- bleme: der Wesenszug des Poetischen wie der Idee liegt gerade in seiner Offenheit für den Betrachter, in der je individuellen Auslegungsfreiheit und Aufnahmebereitschaft. Strahlender Stern – leuchtender Stern Nirgendwo sonst in der Musikgeschichte tauchen zwei Komponisten so eng aneinander gekettet, Dios- kuren gleich auf wie Lanner und Strauß (gemeint ist immer Johann Strauß der Ältere, bzw. später „Vater“ als Unterscheidung zu seinem gleichnamigen Sohn). Man bekommt sie nur als Doppelpack, nie einen für sich allein. Sie teilten sich Biographie, Park und Denkmal, anfangs sogar das Grab292. Gegensätze stoßen einander ab, ziehen einander an. Was immer der eine tat, er tat es antithetisch zum anderen. In den zeitgenössischen Berichten werden die Unterschiede betont, die jeweiligen Vorzüge her- vorgehoben, gegeneinander ausgespielt: „Nicht einen Nebenbuhler, aber einen Mitbewerber hat Strauß an Lanner. Lanner ist nicht minder ausgezeichnet und vortrefflich, und doch wiederum ganz anders als Strauß. Lanner überredet angenehm zum walzen, er schmeichelt sich lieblich bei den Füßen ein, er ver- führt zum Tanzen. Die Walzer von beiden sind wie schöne Frauenzimmer; die Lanner’schen sind Frauen- zimmer, die gerne Toilette machen, d. h. mit Orchester gespielt werden wollen; die Strauß’schen Walzer hingegen, sind auch im Negligée reizend, auf dem Clavier.“293 Immer wieder begegnet uns das gleiche Bild: Strauß war zwar populärer, Lanner hingegen erzeugte tiefere Wirkung bei seinen Zuhörern. Dem brillanten direkten Orchesterklang Straußscher Walzer steht ein dunklerer vieltönigerer Lanners gegenüber, der auf das Klavier übertragen an Farbe verliert. Strauß wusste um Effekte, Lanner wählte den indirekten Weg, sein Publikum an sich zu fesseln. Als Geiger wurde Lanner hoch geachtet, fast mehr noch als Strauß: „Lanner ist ein tieferer, innigerer Violin- spieler als Strauß, er hängt an seiner Violine mit deutscher und ehrlicher Treue, mit tiefem Gefühl  … Bei den 290 Egon von Komorzynsky, Auf Beethovens Spuren, in: Sonderfolge der Zeitschrift Wien und die Wiener, Wien o. J. 291 Zu den Fragwürdigkeiten von Analyse siehe auch: Clemens Kühn, Analyse lernen, Kassel 1993. 292 Auch ihre Ehrengräber auf dem Wiener Zentralfriedhof liegen nebeneinander. 293 Theaterzeitung 23. 8. 1834.
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Joseph Lanner Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
FWF-E-Book-Library
Title
Joseph Lanner
Subtitle
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Author
Wolfgang Dörner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78793-8
Size
21.0 x 29.5 cm
Pages
752
Keywords
Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
Category
Biographien

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. Danksagung 9
  3. Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
  4. Biographische Notizen 13
  5. Reisen 16
  6. Beginn – Werden – Sein 21
  7. Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
  8. Tanz 28
  9. Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
  10. Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
  11. Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
  12. Publikum 44
  13. Werke 46
  14. Instrumentation 69
  15. Formen 79
  16. Notenmaterialien 86
  17. Widmungsträger 95
  18. Titel 97
  19. Verlage 100
  20. Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
  21. Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
  22. Virtuosentum 106
  23. Romantik – Biedermeier 108
  24. Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
  25. Rezension – Rezeption 113
  26. FlĂĽchtige Lust 115
  27. Literatur 117
  28. I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Vorwort 119
    2. Verlage 123
    3. AbkĂĽrzungen 123
    4. Bisherige Verzeichnisse 125
    5. Werkverzeichnis
    6. Opus 1 – 208 127
  29. II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Werkverzeichnis Anhang 1 – 90 e 605
  30. III. Sammelwerke und diverse Werke 717
  31. IV. Anhang
    1. Verzeichnis der Werke Joseph Lanners in alphabetischer Reihenfolge 721
    2. Widmungsträger 737
    3. August Lanner. Chronologisch-Thematisches Werkverzeichnis 739
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