Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Page - 64 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 64 - in Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche

Image of the Page - 64 -

Image of the Page - 64 - in Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche

Text of the Page - 64 -

Mißlungenste als grandios zu entdecken sucht), die absolute Notwendigkeit des Mißlingens aus der innersten Anlage des Hölderlinschen Genius schonungslos auszusprechen. Es ist vor allem kein Lebensbuch. Menschenfreund war Hölderlin damals und immer, unbefähigt für jede gestaltende Psychologie. »Freund, ich kenne mich nicht, ich kenne nimmer die Menschen«, hatte er hellsichtig selbst gedichtet: nun versucht sich im »Hyperion« einer, der nie Menschen nahe gewesen, bildnerisch an Gestalten, schildert eine Sphäre (den Krieg), die er nicht kennt, eine Landschaft (Griechenland), in der er nie gewesen ist, eine Zeit (die Gegenwart), um die er sich nie bekümmert hat. So ist er, der Reinste, der Reichste in seiner Ahnungswelt, genötigt, für die Darstellung der Welt von fremden Büchern unziemlich viel zu borgen. Die Namen sind glatt aus anderen Romanen übernommen, die griechischen Landschaften aus Chandlers Reisebeschreibung einfach transponiert, Situationen und Gestalten zeitgenössischen Werken schülerhaft nachgebildet, die Fabel ist voller Anklänge, die Briefform imitiert, das Philosophische kaum mehr als poetische Wiedergabe aus Schriften und Gesprächen. Nichts am Hyperion ist – warum nicht klar sprechen! – Hölderlins Eigentum als eben das Urtümlichste daran, der ungeheure Schwung der Empfindung, jener aufspringende Rhythmus der Rede, die schön dem Unendlichen entgegenbrandet. Im höheren Sinn gilt dieser Roman nur als Musik. In eine Nußschale also kann man den eigenpersönlichen Ideengehalt des »Hyperion« eindrängen: aus der lyrischen Erhobenheit des rauschenden Worts löst sich eigentlich nur ein einziger Gedanke, und dieser Gedanke ist – wie immer bei Hölderlin – im wesentlichen ein Gefühl, sein einziges Erlebensgefühl von der Unvereinbarkeit der äußern mit der innern Welt, die dualistische Disharmonie des Lebens. Das Innen und Außen nun zusammenzuschließen in eine höchste Form der Einheit und Reinheit, die »Theokratie des Schönen« auf Erden zu begründen – das wird nun die idealische Aufgabe des einzelnen und der Welt. »Heilige Natur, du bist dieselbe in uns und außer uns. Es muß nicht so schwer sein, was außer mir ist zu vereinen mit dem Göttlichen in uns« – so betet sich der Jüngling, der Schwärmer Hyperion in die erhabene Religion der Vereinung empor. In ihm atmet nicht Schellings kalter Wortwille, sondern – man verzeihe das zufällige Wortspiel – Shelleys brünstiger Wille nach elementarischer Vermischung mit der Natur, oder die Sehnsucht des Novalis, die dünne Membran zwischen Welt und Ich zu sprengen, um wollüstig überzufließen in den warmen Leib der Natur. Neu nun und eigenartig in diesem Urwillen des Dichters nach Alleinheit des Lebens und Allreinheit der Seele erscheint bei Hölderlin einzig 64
back to the  book Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche"
Der Kampf mit dem Dämon Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Title
Der Kampf mit dem Dämon
Subtitle
Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Author
Stefan Zweig
Date
1925
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
202
Keywords
Literatur, Schriftsteller
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Vorwort 5
  2. Teil 1 - Hölderlin 15
    1. Die heilige Schar 17
    2. Kindheit 21
    3. Bildnis in Tübingen 26
    4. Mission des Dichters 29
    5. Der Mythus der Dichtung 34
    6. Phaeton oder die Begeisterung 40
    7. Ausfahrt in die Welt 46
    8. Gefährliche Begegnung 48
    9. Diotima 56
    10. Nachtigallengesang im Dunkeln 61
    11. Hyperion 63
    12. Der Tod des Empedokles 68
    13. Das Hölderlinsche Gedicht 74
    14. Sturz ins Unendliche 81
    15. Purpurne Finsternis 87
    16. Scardanelli 91
  3. Teil 2 - Heinrich von Kleist 95
    1. Der Gejagte 97
    2. Bildnis des Bildnislosen 100
    3. Pathologie des Gefühls 103
    4. Lebensplan 111
    5. Ehrgeiz 115
    6. Der Zwang zum Drama 119
    7. Welt und Wesen 125
    8. Der Erzähler 129
    9. Die letzte Bindung 133
    10. Todesleidenschaft 136
    11. Musik des Untergangs 140
  4. Teil 3 - Friedrich Nietzsche 143
    1. Tragödie ohne Gestalten 145
    2. Doppelbildnis 149
    3. Apologie der Krankheit 153
    4. Der Don Juan der Erkenntnis 161
    5. Leidenschaft der Redlichkeit 166
    6. Wandlungen zu sich selbst 172
    7. Entdeckung des Südens 178
    8. Flucht zur Musik 185
    9. Die siebente Einsamkeit 189
    10. Der Tanz über dem Abgrund 193
    11. Der Erzieher zur Freiheit 199
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Kampf mit dem Dämon