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Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche
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Ans eigene Treiben Sind sie geschmiedet allein, und sich in der tosenden Werkstatt Höret jeglicher nur … doch immer und immer Unfruchtbar wie die Furien bleibt die Mühe der Armen. Hölderlins Unverbundenheit mit der Gegenwart wird zur Kriegserklärung an die Zeit, an die Heimat, als er sieht, daß in Deutschland noch nicht sein Neugriechenland, sein »Germanien« erscheint, und so erhebt er, der Gläubigste seines Volkes, die Stimme zu fürchterlicher Verfluchung, die härter ist als alle Worte, die je ein Deutscher in verstümmelter, zerstückelter Liebe über sein Volk gesagt. Der als Suchender in die Welt ausgezogen, flüchtet als Enttäuschter in sein Jenseits, in die Ideologie zurück. »Ich habe ihn ausgeträumt, von Menschendingen den Traum.« Aber wohin flüchtet Hyperion? Der Roman hat keine Antwort. Goethe im Wilhelm Meister, im Faust hatte geantwortet: in die Tätigkeit; Novalis: ins Märchen, in den Traum, in die gläubige Magie. Hyperion, der bloß Fragende, nie Schaffende, bleibt ohne Antwort: er »ahnt nur, ohne zu finden«. Musik einer Ahnung – das ist Hyperion, nicht mehr, kein wahres Gesicht, kein vollkommenes Werk. Auch ohne philologische Perkussion fühlt man deutlich, daß hier verschiedene Schichtungen der Jahre und des Empfindens chaotisch durcheinandergehen, daß die Schwermut eines Enttäuschten im Zustand tiefster Depression mißmutig vollendet, was der Jüngling im Rausch begeisterten Planens freudig begonnen. Herbstmüdigkeit liegt über dem zweiten Teil des Romanes: das klingende Licht der Hölderlinschen Ekstase dämmert nur dunkel hin, und mühsam erkennt man »die Trümmer einst gedachter Gedanken« in der vorbrechenden Düsternis. Ein Torso seiner Jugend ist Hyperion, ein nicht zu Ende geträumter Traum – aber alles Ungetane und Vertane schwindet unmerklich hin in dem herrlichen Rhythmus der Sprache, die in Düsternis wie in Begeisterung gleich rein und selig die Sinne bemeistert. Nichts Reineres hat die deutsche Prosa, nichts Beschwingteres als diese tönende Welle, die nicht einen einzigen Atemzug lang aussetzt: kein deutsches dichterisches Werk hat eine solche Durchgängigkeit des Rhythmus, eine solche Statik der aufgeschwungenen Melodie. Alles erfüllt, durchdringt und hebt diese aufrauschende, auftragende Prosa, sie bauscht die Gewänder der unwahrhaftigen Gestalten, daß sie zu schweben und wahrhaft zu leben scheinen, sie füllt die armen Ideen mit so starkem sprachlichem Schwung, daß sie wie Erkenntnis des Himmels dröhnen, die Landschaften, die ungesehenen, blühen, umschwungen von dieser Musik, wie farbiger Traum. Hölderlins Genius kommt immer vom Unfaßbaren, vom Inkommensurablen: immer hat er eine Schwinge, immer stürzt er von einer obern Welt in das staunend bewältigte Herz. Immer siegt 66
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Der Kampf mit dem Dämon Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Title
Der Kampf mit dem Dämon
Subtitle
Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Author
Stefan Zweig
Date
1925
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
202
Keywords
Literatur, Schriftsteller
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Vorwort 5
  2. Teil 1 - Hölderlin 15
    1. Die heilige Schar 17
    2. Kindheit 21
    3. Bildnis in Tübingen 26
    4. Mission des Dichters 29
    5. Der Mythus der Dichtung 34
    6. Phaeton oder die Begeisterung 40
    7. Ausfahrt in die Welt 46
    8. Gefährliche Begegnung 48
    9. Diotima 56
    10. Nachtigallengesang im Dunkeln 61
    11. Hyperion 63
    12. Der Tod des Empedokles 68
    13. Das Hölderlinsche Gedicht 74
    14. Sturz ins Unendliche 81
    15. Purpurne Finsternis 87
    16. Scardanelli 91
  3. Teil 2 - Heinrich von Kleist 95
    1. Der Gejagte 97
    2. Bildnis des Bildnislosen 100
    3. Pathologie des Gefühls 103
    4. Lebensplan 111
    5. Ehrgeiz 115
    6. Der Zwang zum Drama 119
    7. Welt und Wesen 125
    8. Der Erzähler 129
    9. Die letzte Bindung 133
    10. Todesleidenschaft 136
    11. Musik des Untergangs 140
  4. Teil 3 - Friedrich Nietzsche 143
    1. Tragödie ohne Gestalten 145
    2. Doppelbildnis 149
    3. Apologie der Krankheit 153
    4. Der Don Juan der Erkenntnis 161
    5. Leidenschaft der Redlichkeit 166
    6. Wandlungen zu sich selbst 172
    7. Entdeckung des Südens 178
    8. Flucht zur Musik 185
    9. Die siebente Einsamkeit 189
    10. Der Tanz über dem Abgrund 193
    11. Der Erzieher zur Freiheit 199
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