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166 Strukturen von Metallclusterionen
In einer FS-Struktur entspricht die Nahordnung der Nachbaratome zumeist zu einem
Teil der ikosaedrischen Koordination (KZ 12). An eckenverknüpften 19-atomigen Un-
tereinheiten entstehen jedoch offene konkave Bereiche, in denen Atome mit einer Ko-
ordinationszahl 13 eingebettet sind (siehe Abbildung 133, 2. v.r.). Dabei werden diese
Positionen von zwei in einem regelmäßigen Sechseck angeordneten Atomgruppen um-
schlossen und mit einem einzelnen Zentralatom nach innen verknüpft. Der Abstand zu
den sechs umgebenden Oberflächenatomen ist geringer (im Cluster Fe55– ca. 3% kürzere
Bindungslängen). Es ist zu vermuten, dass die Stabilität der konkaven Oberflächenbe-
reiche aufgrund einer Übersättigung der Koordinationssphäre erreicht werden kann.
Interne Atome an den Schnittstellen der 19-atomigen Untereinheiten besitzen meist 14
(Zentralatom sogar 16) nächste Nachbarn, was gegenüber den zurückgesetzten Oberflä-
chenatomen als nun vollständige Koordinationssphäre zu verstehen ist.
Die Cs-Struktur mit 55 Atomen weist gegenüber einer vollständigen und sphärischen
(ohne konkave Oberflächenbereiche) Td-Struktur mit 61 Atomen im Bild zweier ver-
schiedener Kategorien von Oberflächenatomen – (1) ikosaedrische Koordination von
Volumenatomen und (2) konkave Oberflächenpositionen – mehrere Defekte auf. Es ist
möglich, dass das durch (1) und (2) gebildete d-Band eine entscheidend andere Struktu-
rierung aufweist, die für Elemente mit ungefähr halb gefüllter atomarer d-Schale insge-
samt günstiger ist.
In einem einfachen Gedankenexperiment werden für einen sphärischen zweischaligen
Cluster wie dem 55-atomigen Mackayikosaeder sämtliche Volumenatome (außer dem
tief sitzenden Zentralatom) durch das Entfernen eines äußeren Bindungspartners selbst
zu Oberflächenatomen. Es bildet sich an den Fehlstellen eine konkave Einwölbung der
Clusterstruktur. Gleichzeitig wird mindestens ein an diesem neuen entstandenen Ober-
flächenatom lokalisiertes d-Orbital energetisch angehoben. Ein auf diese Weise ausge-
bildetes und von der Clusteroberfläche signifikant beeinflusstes d-Bandviii, in dem unbe-
setzte Zustände angehoben und besetzte dadurch weiter abgesenkt werden, ist für eine
unvollständige Besetzung mit d-Elektronen günstig. Nimmt man in erster Näherung an,
dass für eine chemische Bindung jeweils ein s-Valenzelektron pro Atom zu Verfügung
stehen muss, würde man für Co 3d8 4s1 mit 8 d-Elektronen als letztes Element einer
Reihe von polyikosaedrischen Strukturen eine stabile doppelt besetzte Konfiguration
von vier d-Orbitalen erwarten. Da dies experimentell nicht bestätigt werden kann (letz-
tes Element mit polyikosaedrischem Strukturtyp ist bereits Fe), muss man von einem
komplizierteren Sachverhalt ausgehen.
viii Der Begriff des Elektronenbandes ist für einen Cluster mit 55 Atomen eigentlich nicht anzuwenden,
da elektronische Niveaus noch diskreten Charakter aufweisen. An dieser Stelle wird der Begriff äqui-
valent zu einer Gruppe von elektronischen Niveaus mit starkem d-Charakter genutzt.
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Aufklärung der Struktur von Metallclusterionen in der Gasphase mittels Elektronenbeugung
- Title
- Aufklärung der Struktur von Metallclusterionen in der Gasphase mittels Elektronenbeugung
- Author
- Thomas Rapps
- Publisher
- KIT Scientific Publishing
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86644-878-0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 390
- Keywords
- Elektronenbeugung, Nano-Metallcluster, Gasphase, massenselektiv, Strukturbestimmung
- Categories
- Naturwissenschaften Chemie
Table of contents
- Abstract
- 1 Einleitung 1
- 2 Elektronenbeugung in der Gasphase (GED) 5
- 3 Das TIED-Experiment 15
- 4 Heuristik der Clusterstrukturfindung 35
- 5 Strukturen von Metallclusterionen 45
- 5.1 Kleine Käfigstrukturen magnetisch dotierter Goldcluster (M@Aun−, M = Fe, Co, Ni; n = 12–15) 45
- 5.2 Ladungsabhängige Strukturunterschiede von kleinen Bismutclustern 68
- 5.3 Palladiumcluster (Pdn−/+, 13 ≤ n ≤ 147) 91
- 5.4 Wasserstoffadsorptionseigenschaften von massenselektierten Palladiumclustern 128
- 5.5 3d-/4d-/5d-Übergangsmetallcluster aus 55 Atomen 152
- 5.6 Strukturelle Entwicklung später Übergangsmetallcluster (Co, Ni, Cu, Ag) 184
- 6 Der Temperatureinfluss auf die Gleichgewichtsstruktur von Metallclusterionen 205
- 7 Statistische Untersuchungen zur Datenanalyse 259
- 8 Zusammenfassung und Ausblick 273
- Anhang A: Beugungsdaten weiterer Metallclusterionen 279
- A.1 Entwicklung der Clusterstruktur verschiedener Elemente der Gruppe 14 (Si, Sn, Pb) 279
- A.2 Schmelzen des Clusters Pb55− 283
- A.3 Der Zinncluster Sn13+ 379 286
- A.4 Strukturmotiv von Clustern des bcc-Elements Tantal 288
- A.5 Thermisch induzierte Oberflächenrekonstruktion beinahe geschlossenschaliger Silbercluster (Ag55±x−, x = 1–2) 290
- A.6 Möglicher Strukturübergang bei Silberclusterionen (Agn−, n = 80–98) 295
- A.7 Reine Goldcluster größer 20 Atome 296
- Anhang B: Apparative Entwicklung 305
- Anhang C: Einfluss der Fallengeometrie auf große Streuwinkel 311
- Anhang D: CNA-Analyse des zehnatomigen Strukturensembles 313
- Anhang A: Beugungsdaten weiterer Metallclusterionen 279
- Abbildungsverzeichnis 321
- Tabellenverzeichnis 331
- Literaturverzeichnis 333