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26 Von den Anfängen bis zu Meinhard II. und der Begründung der Tiroler Landeseinheit (um 1285)
Klöster als
Bildungszentren
Alte Hs.
Schulen in
Klöstern und
Domstiften Alle genannten geistlichen Gemeinschaften können als potenzielle Zentren der
Bildung gelten. Allein schon für die Feier der Liturgie benötigte man Messbücher
und weitere Texte. Ein Grundbestand an biblischer und patristischer Überliefe-
rung, aber auch Ordensregeln und weitere erbauliche religiöse Texte müssen überall
vorhanden gewesen sein. Die ursprüngliche Ausstattung stammte wohl aus den
jeweiligen Gründungskonventen, und dies waren mit Ausnahme von San Lorenzo
in Trient durchwegs Gemeinschaften im heutigen bayerischen, schwäbischen und
österreichischen Raum. Aus diesen Zusammenhängen resultierte auch in der Folge
eine weitestgehende kulturelle und personelle Einbindung der Klöster in Tirol in
die süddeutsch-österreichische Klosterlandschaft. Dieser Effekt wurde noch durch
die Tatsache verstärkt, dass einige bayerische Bischofskirchen sowie an die zwei
Dutzend Klöster in Bayern und Schwaben über große Besitzungen im heutigen
Süd- und Nordtirol verfügten. Auch daraus entstanden enge Kontakte zwischen
dem süddeutschen und Tiroler Raum, die über den Bereich der Wirtschaft auch in
alle Aspekte der Kultur und Bildung hineinreichten.
Nur ganz vereinzelt lassen sich heute Hs. aus der Gründungszeit im Bestand der
Bibliotheken der noch existierenden Konvente nachweisen, wie etwa eine großfor-
matige vierbändige Bibel mit einem dazu gehörenden Evangeliar in Fiecht. Immer-
hin verwendete man eine leere Seite in einem dieser Codices, um dort etwa um
1200 die ersten 66 Verse des vermutlich im nahe gelegenen bayerischen Tegernsee
entstandenen Ludus de Antichristo festzuhalten.
Durch eigene literarische Bemühungen haben sich ‚Tiroler‘ Klöster in dieser
frühen Zeit offenbar nicht besonders ausgezeichnet. Am ehesten ist in diesem Zu-
sammenhang noch Neustift bei Brixen zu nennen, wo Propst Konrad um 1180 In-
teresse an kirchenrechtlichen Texten an den Tag legte, die kurz zuvor in Frankreich
entstanden waren, und um 1200 die Lebensbeschreibung des Bischofs Hartmann
entstanden ist.
In Wilten besaß man nach einer gleichzeitigen Nachricht in der Gründungszeit
ganze acht Bücher. Davon fanden sieben im Rahmen der Liturgie Verwendung,
und beim achten handelte es sich um eine Sammlung von Rechtstexten, die aber
auch für den Bereich der Seelsorge dienlich war. Nimmt man den heutigen Stand
der Überlieferung als Maßstab, so konzentrierte man sich in den ‚Tiroler‘ Klöstern
des hohen MA im Bereich der schriftlichen Tätigkeit v.a. auf die Niederschrift von
Rechtsakten, also auf die Anfertigung von Urkunden und ähnlichen Aufzeichnun-
gen, welche die materielle Basis der Institution sicherstellen sollten.
In irgendeiner Weise müssen in den Klöstern aber auch Schulen zur Ausbil-
dung des Nachwuchses existiert haben. Vor 1200 sind jedoch Nachrichten über
derartige Initiativen kaum fassbar. Besser bestellt ist es diesbezüglich hinsichtlich
der Domschulen in Brixen und Trient, in denen magistri scholarum bezeugt sind
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593