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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Page - 176 -
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176 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians  I. (1519) ein lokalgeschicht- lich interessantes Rezeptionsbeispiel Dialogus de circuli quadratura, De caesarea circuli quadratura verbindet sich mit existentieller Betroffenheit. Dadurch wirkt der Text unmittel- barer als die meisten anderen Werke des Cusanus. Das an praktischer Spiritualität interessierte Zielpublikum im Kloster Tegernsee hat die Form von De visione Dei offensichtlich stark mitgeprägt. De visione Dei gehörte schon zu Cusanus’ Lebzeiten zu seinen meistgelesenen Schriften. Heute ist es sein neben De docta ignorantia bekanntestes Werk. Ein frü- hes und in seiner Art einmaliges Rezeptionsbeispiel ist das Exzerpt aus De visione Dei in einer Sammelhandschrift aus dem Augustiner-Chorherrenstift Ulm-Wen- gen.4 Die Hs. kam Ende des 16. Jhs. in den Besitz von Tiroler Geistlichen, u.a. des Fürstbischofs von Brixen Anton von Crosini (1581–1663 ; vgl. hier S.  586). Dieser hat den Codex wohl der bischöflichen Bibliothek hinterlassen. Heute befindet er sich in der Bibliothek des Brixner Priesterseminars (SEM, E 15 ; das Exzerpt Bl. 123v–132r). Die Besonderheit des vor 1464 entstandenen Textes ist v.a., dass er den durchwegs wörtlichen Auszügen jeweils Zusammenfassungen im Hexameter voran- stellt. Es ist dies der einzige bekannte Fall einer metrischen Bearbeitung eines Werks von Cusanus. Allerdings braucht der Leser der Hexameter einige Phantasie. Der Autor, der sich selbst „Mauricius“ nennt, setzt sich nämlich unbekümmert über die Regeln der klassischen Prosodie und Metrik hinweg. Korrekt gebaute Verse sind sel- ten. Wer dieser Mauricius ist und wozu er sein Exzerpt angelegt hat, bleibt unklar. Sicher ist jedoch, dass die textliche Vorlage aus Tegernsee stammt, das überhaupt ein zentraler ‚Umschlagplatz‘ für De visione Dei war. Das Werk wurde dort dreimal abgeschrieben und weiter verbreitet nach Salzburg, St. Emmeram in Regensburg, Scheyern, Metten, Eichstätt, Maulbronn, Magdeburg, Trier und Subiaco. Auf De mathematicis complementis von 1453/54 folgte ein Disput zwischen Cu- sanus und der mathematischen Fachwelt. Unter anderen hatte sich auch Paolo del Pozzo Toscanelli, ein alter Freund des Kardinals, kritisch eingeschaltet. Als Reaktion darauf entstand in Brixen 1457 der kurze Dialogus de circuli quadratura („Dialog über die Quadratur des Kreises“), in dem Cusanus und Toscanelli als Gesprächspart- ner auftreten. In Andraz, wohin der Bischof im Juli geflohen war, schrieb er dann ein weiteres Mal über dasselbe Problem in De caesarea circuli quadratura („Über die kaiserliche Quadratur des Kreises“), datiert mit dem 6. August 1457. Dass die Quadratur des Kreises diesmal „kaiserlich“ genannt wird, lässt sich mit der Wid- mung an Kaiser Friedrich III. erklären, bei dem sich der in Tirol schwer bedrängte Cusanus in Erinnerung rufen wollte. Angesichts des großen Interesses Friedrichs an Geheimlehren aller Art war diese Schrift nicht schlecht gewählt. Ein interessantes Detail zur Entstehungsgeschichte ist übrigens, dass Cusanus ausdrücklich sein nach all den politischen Turbulenzen gegebenes Bedürfnis nach Erholung als Motivation 4 Vgl. hierzu Hallauer 2002, 384–391, mit einer Teiledition.
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
TYROLIS LATINA
Subtitle
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Volume
1
Authors
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Editor
Karlheinz Töchterle
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
602
Keywords
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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