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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
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Rechtswissenschaft 203 Calapini Cusanus gegen Sigmund : Nos Nicolaus Die Beurteilung richtete sich nach dem Statutarrecht und dem ius commune, wobei man versuchte, das jeweilige Statut möglichst gemäß den Grundsätzen des römi- schen Rechts zu interpretieren. Da jedoch die anzuwendenden Gesetze stets lücken- haft waren – weite Teile des Rechts waren überhaupt nicht kodifiziert – und eine herrschende Meinung nur in den seltensten Fällen existierte, bestand die eigentli- che Schwierigkeit beim Verfassen eines consilium darin, die einschlägigen Lehrmei- nungen aus der Tradition herauszufiltern und denjenigen Argumenten, welche der eigenen Ansicht entsprachen, rhetorisch möglichst viel Stärke zu verleihen. Consilia wurden unabhängig von den mit ihnen zusammenhängenden Akten aufbewahrt, abgeschrieben und z.T. in Entscheidungssammlungen abgedruckt. Im Jahr 1475 wurde es durch eine Neuerung des Statuts auch den Richtern im Bistum Trient ermöglicht, Rechtsgutachten zur Entscheidungsfindung heranzu- ziehen. Als bekannter Trientner Verfasser von Konsilien sei beispielhaft Calapino de Calapini genannt, der mehrmals Konsul und 1475 massarius („Meier“, auch : „Berater“) des Bischofs war. Darüber hinaus ging er als dessen Gesandter nach Ve- nedig und bekleidete die erste Professur an der Schule für Rechtswissenschaft, die sich in Trient aus einer Anstalt für die Ausbildung von Notaren entwickelt hatte (Santarelli 1996 ; Riccadonna 1999, 12). Calapini verfasste eine große Zal von consilia. Zwei davon druckte später Giambattista Ziletti in seinem Criminalium consiliorum atque responsorum secundum volumen („Zweiter Band strafrechtlicher Gutachten und Bescheide“, Venedig 1562) ab. Im ersten dieser beiden Fälle (95– 97), bei dem es um den angeblichen Diebstahl einer Stute und einiger Esel ging, verfasste Calapini sein Gutachten für den Kläger. Er argumentiert, die beklagten Brüder seien unmittelbar nach der Tat mit der Beute (res furtiva) angetroffen wor- den und ihre Entschuldigung – sie hätten die Tiere für den Transport von Wein gemietet – sei angesichts der gewählten Route unglaubwürdig. Dennoch endete der Prozess schon in erster Instanz mit einem Freispruch. Im zweiten Fall (98–102 ; vgl. Gesaro 1988, 901–905), einer Anklage wegen Zauberei gegen einen gewissen Antonio Zunt, wurde Calapini im Auftrag des Richters tätig. Das didaktisch gut aufgebaute Gutachten schickt den eigentlichen Argumentationsschritten jeweils kurze Einführungen in die Materie voran. Es zweifelt zuerst die formelle Richtig- keit der Anklageschrift (libellus) an und erschüttert anschließend nachhaltig die Glaubwürdigkeit der einzelnen Zeugen. Da nach der Lehre des ius commune für eine Verurteilung in Strafsachen keine Indizienbeweise zulässig waren, wird der Anklage somit die Grundlage entzogen. Eine Reihe interessanter juristischer Schriften verdanken wir dem Streit zwischen Nicolaus Cusanus und Erzherzog Sigmund (s. hier S.  170). Drei davon stammen vom Brixner Bischof persönlich. Die erste (Incipit : Nos Nicolaus miseracione diuina, „Wir Nicolaus, durch Gottes Barmherzigkeit“ ; Ausgabe : Hallauer 2002, 114–121)
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
TYROLIS LATINA
Subtitle
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Volume
1
Authors
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Editor
Karlheinz Töchterle
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
602
Keywords
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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