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Dichtung 401
Ăśberblick,
Vergleich mit den
Epigrammata
Die Sammlung ist wie die Epigrammata groĂźteils in Form von Gedichtzyklen
organisiert. Inhaltlich ĂĽberschneidet sie sich mit diesen v.a. in der Behandlung der
Weihnachtsgeschichte, sonstiger biblischer Stoffe sowie diverser Heiligenlegenden
und moralischer Maximen ; auf letzteren liegt bei Andreas ein besonderes Schwer-
gewicht. Formal und metrisch trifft sie sich mit ihnen in der Konzentration auf
das elegische Distichon, neben dem sich wieder einige Hexameter und Hende-
kasyllabi, zusätzlich auch sapphische Strophen (z.B. [4]–[5]) und einmal ([10]) ein
EpodenmaĂź finden. Nicht vertreten sind die Themen Ostern und Pfingsten, nur
am Rande kommt Katharina zur Sprache ([6]). Dafür enthält die Sammlung einige
Fabeln ([10], [50]–[52]) und Gedichte, die den Schulbetrieb selbst zum Thema
haben : ein Geburtstagsgedicht fĂĽr einen Lehrer ([7]), Panegyrik auf den imperator
scholae, wohl den Klassenprimus, samt dessen Antwort ([11]–[12], [20]) sowie eine
Elegie auf den Aderlass eines Lehrers ([54]–[56]). Noch häufiger finden sich Texte
mit Bezug zu inhaltlichen Anliegen des Unterrichts wie z.B. eine längere Elegie
auf die Beredsamkeit ([30]–[33]). Neu sind gegenüber den Epigrammata auch ei-
nige Paraphrasen und Übersetzungen : Andreas überträgt das Salve Regina ins ele-
gische Versmaß ([49]–[50]), schreibt einen lat.-deutschen Zyklus von Distichen
über die Trauerfeierlichkeiten für das Begräbnis einer Kaiserin Anna in Innsbruck
([91]–[95]),6 übersetzt Thomas von Aquins eucharistische Sequenz Pange lingua in
griechische Prosa ([76]–[77]) und verfasst sogar ein griechisches Epyllion auf das
Pfingstwunder ([66]–[68]), ein erstaunliches Gemisch aus christlicher Dogmatik,
homerischer Metrik und Formelsprache und z.T. elementaren orthographischen
und Grammatikfehlern. SchlieĂźlich findet sich eine Reihe poetischer Spielereien
wie Rätselgedichte (Aenigmata) mit und ohne Lösung ([33], [56], [78], [101]–
[102]), ein Carmen serpentinum, bei dem jedes Distichon mit derselben Phrase be-
ginnt und endet ([99]), oder auch das folgende Geschichtlein, das an Christian
Morgensterns ästhetisches Wiesel erinnert : Quem nive nocte peto, nucis hic me stipite
cedit. / Sic mihi nex nix nox nux fuit ante diem. ([19] ; „Einer, den ich nachts mit
einem Schneeball beschoss, verprĂĽgelte mich mit einem KnĂĽppel aus Nussholz : so
Castner bzw. ein nicht näher spezifizierter Castner als Autoren, vermutlich Brüder oder anderwei-
tige Verwandte von Andreas (und Thobias, s.u.). – Vor Rätsel stellt, wenn sie korrekt ist, die sehr
schlecht leserliche Datierung einer Rede auf den 17. 1. 1609 ([84]) : Hat Andreas Castner selbst
oder jemand anderer die ursprüngliche Sammlung nachträglich erweitert ?
6 Die Geschichte kennt keine Kaiserin Anna, die vor 1607/08 in Innsbruck begraben worden wäre.
Die aus Tirol stammende Kaiserin Anna starb 1618 in Wien, könnte aber in Innsbruck zumindest
betrauert worden sein. Wurde also dieser Zyklus – und vielleicht noch mehr – nachträglich hinzu-
gefügt ? Die Schrift ähnelt aber stark der im Rest des Bandes. Noch rätselhafter wird die Sache da-
durch, dass der ganze Zyklus (ohne Ăśbersetzung) in nahezu identischer Form bei Thobias Castner
wiederkehrt (s.u.).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593