Page - 419 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Image of the Page - 419 -
Text of the Page - 419 -
Dichtung 419
Sammlung von
Mauretus und
Verpffe
anonymes
Genethliacon
Zum selben Anlass veröffentlichten auch der Doktor beider Rechte Claudius
Mauretus und der Magister der KĂĽnste und der Philosophie Guilielmus Verpffe de
Vandia in Innsbruck eine kleine Sammlung panegyrischer Gelegenheitskompositi-
onen unter dem Titel In nuptiis celeberrimis serenissimae Claudiae („Anlässlich der
hochberühmten Hochzeit der durchlauchtigsten Claudia“ ; vgl. Tilg 2005a, 18–20
mit Textbeispielen). Da sie nur Claudia im Titel trägt und ihre Aufmerksamkeit
zum größten Teil dieser zuwendet, ist anzunehmen, dass die sonst unbekannten
Autoren zu ihrem Gefolge gehörten. Das Büchlein gliedert sich in drei Teile. Der
erste ([3]–[5]) umfasst drei Ellogia von Mauretus, die sich durch den häufigen Ein-
satz des Homoioteleuton auszeichnen und sich stellenweise wie regelrechte Reim-
prosa lesen. Es folgen ([6]–[8]) vier kürzere Stücke in Distichen und Hexametern ;
das letzte, das einzige, das von Verpffe stammt, basiert ganz auf dem Spiel mit
Claudias Namen, der anzeige, dass sie alle möglichen Vorzüge in sich „schließe“
(claudere). Eine Vorliebe fĂĽr Klangfiguren und Wortspiele kennzeichnet ĂĽbrigens
generell das barocke Lat. der Sammlung. Den Schlussteil bilden zwei Epithalamien.
Das erste, von Verpffe, steht in Hexametern und stellt sich mit seiner (allerdings
nicht besonders detailliert ausgeführten) Götterhandlung in die auf Stat. silv. 1,2
zurĂĽckgehende Traditionslinie dieser Gattung. Das zweite, von Mauretus, gibt sich
durch seine Gliederung in Strophen aus vier Glykoneen und einem abschlieĂźenden
Pherekrateus als Imitation von Catulls Hochzeitslied carm. 61 zu erkennen.
Als am 17. 5. 1628 Leopolds und Claudias Sohn Ferdinand Karl geboren wurde,
erschien in Innsbruck ein anonymes Genethliacum carmen in ortu […] Ferdinandi
Caroli („Geburtstagsgedicht zur Geburt […] Ferdinand Karls“). Vollständiger Titel
und Widmungsadresse ([1]–[4]) eignen den Band Ferdinando II. de’ Medici zu, der
als Ferdinand Karls Taufpate fungierte (vgl. Abb. 56, 57). Der Inhalt des rund 540
Hexameter umfassenden Gedichts lässt sich etwa folgendermaßen paraphrasieren :
Die Gebete des Dichters um einen Thronfolger sind erhört worden, und er will sich da-
für bei den himmlischen Mächten mit einem Gedicht bedanken. Allenthalben herrscht
nun Feststimmung, am meisten aber in Tirol ([5]–[7]). Die Landesgöttin hatte sich zuvor
bitter darüber beklagt, dass sie unter Fremdherrschaft dahinsiechen musste ([7]–[9]). Da
erschien ihr Schutzengel und tröstete sie : Er habe bereits die Geburt eines künftigen Lan-
desherren in die Wege geleitet ([9]–[11]). Da ist das Kind auch schon geboren und ganz
Tirol, selbst die Natur, bricht in Jubel aus ([11]–[12]). Auch der Hof freut sich natürlich,
und zwei Hofdamen, Jula und Violantis, lassen sich zu einem Stickwettkampf inspirieren,
dessen Resultate ausfĂĽhrlich geschildert werden : Jula bestickt einen GĂĽrtel mit Szenen, die
Leopold und Claudia auf der Jagd zeigen ([12]–[15]) ; Violantis schmückt ein Tuch mit
den Festlichkeiten in Florenz, dem Zug der Braut nach Tirol und ihrem Empfang in Inns-
bruck ([15]–[19]). Anschließend wird noch die Wiege des kleinen Prinzen beschrieben
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593