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522 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Stephani als
Sprecher seines
Klosters
Briefstil Wie man sieht, handelt es sich bei Stephanis Briefen in der Regel nicht um
Privatmitteilungen. Abgesehen von wenigen, meist frühen Schreiben, die etwa
Kontakte aus seiner Studienzeit in Ingolstadt fortführen oder in denen er sich an
Verwandte wendet, spricht er, auch wenn er manchmal persönliche Mitteilungen
einflicht, nie nur in seinem eigenen Namen, sondern immer auch für sein Kloster.
Dass Stephani diese Funktion nicht einfach aufgrund seiner sprachlichen Gewandt-
heit zugewachsen ist, sondern dass er sie ex officio ausübt, legt die Tatsache nahe,
dass er in einem Brief vom 16. 4. 1644 (Nr. 14) seinem Adressaten, einem Innsbru-
cker Arzt, verspricht, er werde ihm in Zukunft öfter schreiben, da er kürzlich zum
Prior ernannt worden sei. Vielleicht waren seine epistolographischen Fähigkeiten
gerade einer der Punkte, die ihn für dieses Amt empfahlen.
Stephani ist ein routinierter Briefschreiber, der nicht nur in einem flüssigen, nicht
ängstlich ciceronianischen Lat. mühelos alle Gegebenheiten der Tiroler Lebenswelt
im 17. Jh. zum Ausdruck bringt, sondern auch die Briefkonventionen seiner Zeit
souverän beherrscht. Was das Briefformular im eigentlichen Sinne betrifft, so sind
sowohl die Anredeformen innerhalb des Briefes als auch diejenigen zu Beginn reich
differenziert. (Die Grußformel am Schluss fehlt in der Regel, nur selten begegnet
ein Vale, „Leb wohl“). Erstere reichen von einem einfachen tu („du“) für jüngere
Geistliche über ein Reverentia Vestra („Euer Würden“) für Pfarrer und Mönche bis
zu einem Reverendissima Pietas Vestra („Eure ehrwürdigste Frömmigkeit“) für hö-
here Geistlichkeit, v.a. den eigenen Abt, und zu einem Reverendissima et Amplissima
Dominatio Vestra („Eure ehrwürdigste und umfassendste Herrschaft“), das dem Abt
des Mutterklosters Kaisheim vorbehalten bleibt ; weltliche Adressaten figurieren
in der Regel als Excellentia Vestra („Eure Hoheit“). Die Anreden zu Beginn sind
noch differenzierter und können hier nur durch ein paar beliebig herausgegriffene
Beispiele illustriert werden : Ein entlaufener Mönch wird mit Religiose, in Christo
dilecte fili (Nr. 319 ; „Frommer, in Christus geliebter Sohn“) apostrophiert. Der
Pfarrer von Kaltern erscheint als Admodum Reverende, Praenobilis ac honorande Do-
mine (Nr. 317 ; „Sehr erwürdiger, ganz edler und ehrbarer Herr“). Ein Mitbruder,
der sich zeitweilig als Vikar in Mais aufhält, wird als Reverende in Christo, Religiose et
amande Confrater (Nr. 322 ; „In Christus ehrwürdiger, frommer und liebenswerter
Mitbruder“) angesprochen, was durch den vorangestellten Zusatz Reciprocam salu-
tem et affectum benevolentiae („[Empfange] deinerseits [meine Wünsche für dein]
Wohlergehen und mein herzliches Wohlwollen“) eine noch persönlichere Note
erhält ; den eigenen Abt nennt Stephani meist Reverendissime in Christo Pater, ob-
servandissime Domine Domine („Ehrwürdigster Vater in Christus, mein ehrenwer-
tester Herr“) o.ä. Einen Innsbrucker Arzt tituliert er mit Nobilis, Excellentissime et
Colendissime Domine (Nr. 5 ; „Edler, hervorragendster und aller Aufmerksamkeit
werter Herr“).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593