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560 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Physikotheologie
und
Fortschrittsglaube Wenn man sich ein wenig eingelesen hat,
kann man der Argumentation bald gut
folgen. Einen Eindruck von dieser Wis-
senschaftssprache mag der folgende Ab-
schnitt vermitteln, in dem es darum geht,
was unter der Größe der Refraktion zu
verstehen ist (Refractiones, 20) :
Cum refractio sit lineae in aliud diaphanum
incidentis ad angulum continendum incur-
vatio, huius autem incurvationis quantitas
nihil aliud sit quam angulus minor, quem
linea refractionis cum linea incidentiae intra
diaphanum sequens protracta comprehendit,
hinc factum est, ut recte tractatores optici hunc
angulum appellarent angulum refractionis.
Qui ergo refractionis magnitudinem indagat,
anguli huius quantitatem investigat. Quae
quidem investigatio duplici via iniri potest :
absolute et comparate.
Da die Refraktion die Ablenkung eines Strahls ist, der in ein anderes durchsichtiges Me-
dium einfällt, so dass er einen Winkel bildet, die Quantität dieser Ablenkung aber nichts
anderes ist als der kleinere Winkel, den der Refraktionsstrahl mit dem Eintrittsstrahl
bildet, wenn man diesen im zweiten durchsichtigen Medium gerade weiterführt, so hat
sich daraus ergeben, dass die Verfasser von Schriften zur Optik diesen Winkel mit Recht
Refraktionswinkel nannten. Wer also die Größe der Refraktion untersucht, erforscht die
Quantität dieses Winkels. Und zwar kann man diese Erforschung auf zweifachem Wege
angehen : absolut und relativ.
Scheiners Darstellungen erschöpfen sich aber nicht in trockener Technizität, son-
dern erscheinen vielmehr getragen von einer Ergriffenheit und Begeisterung, die
immer wieder durchbricht und sich auch dem willigen Leser mitteilt. Diese Be-
geisterung ist theologisch, genauer physikotheologisch begründet : Scheiner ist da-
von überzeugt, mit seiner Forschung in die Wunder Gottes einzudringen, dessen
Wirken in der Schöpfung immer klarer zu begreifen und damit selbst ein gott-
gefälliges Werk zu vollbringen. So schreibt er etwa zu einer Methode, die runde
oder ellipsenförmige Sonne mithilfe von Linsen auf Papier abzubilden und nach-
zuzeichnen : Et hoc demum est meo iudicio vel solem et lunam coelo deducere vel
Abb. 87: Illustration aus Christoph Scheiners
Sol, Augsburg 1615: Eine Kerze erscheint je
nach Stellung einer davor gehaltenen Glaslinse
in ihrer wahren Gestalt, gestaucht oder gelängt.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593