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227Kirchenstreit
in der Hafenstadt Fiume / Rijeka
gistrat erhalten durfte. Der neue Administrator wurde zwar in Drenova mit
Fahnen feierlich empfangen, aber er musste zugeben, dass einige Bewohner
immer noch auf die Rückkehr von Don Zigar hofften.245 Gegenüber der Stadt
meinte Don Polić dennoch – als Rechtfertigung seiner Ernennung –, dass
im Dorf allgemeine Zufriedenheit herrsche: »Das Volk von Drenova ist –
nach der Meinung des Unterschriebenen [Mate Polić] – zufrieden, dass es
nach so vielen Zeiten einen Priester kriegte, der unter ihnen, tags und nachts
wohnt…«246 Nach mehr als zweieinhalb Jahren schien sich das Dorf end-
lich zu beruhigen. Drenova hatte nicht nur wieder einen Kirchenadminist-
rator, der bis zum Ende der Donaumonarchie im Dorf blieb,247 sondern auch
einen »Lesekreis«. Schon fast ein Jahr zuvor, am 20.
Februar 1909, war dieser
mit einem großen Volksfest eröffnet worden.248 Don Zigar konnte ins Dorf
jedoch nicht mehr zurückkehren. Nach Stationen in kroatischen Gemeinden
(zuerst als Administrator in Ledenice, dann Brinje und Starigrad sowie ab
1912 als Pfarrer in Starigrad, inzwischen wurde er in Theologie in Buda-
pest promoviert) lehnte er 1918 einen Ruf als Pfarrer nach dem kleinen Dorf
Lipice ab, weswegen er letztendlich im Sommer 1918 »ab officio et beneficio«
aus der Priesterstelle suspendiert wurde. Er starb im Jahre 1947 im jugosla-
wischen Fiume / Rijeka.249
4.2.3 Konfliktanalyse:
Nationalistische Erwartungen aus der Stadt
Wie in Ricmanje und anderen istrianischen Ortschaften schien der Kon-
flikt auch in Drenova ursprünglich unpolitische, persönliche Ursachen zu
haben – oder zumindest auch solche zu haben. Ob der angeblich unmorali-
sche Lebensstil von Don Zigar oder der Neid des Fiumaner Stadtpfarrers Don
liche Macht die sprachliche Toleranz nicht immer praktizierte und erwartete –,
kann auch in diesem Falle vermutet werden, dass die Kirche die Mehrsprachigkeit
von ihren Priestern erwartete).
245 Ebd.
246 Brief von Polić an den Stadtmagistrat (21. April 1911), in: DAR, Magistrato, Op.Sp.,
D-57-1897 – 10844 [übersetzt aus dem Italienischen von mir].
247 Gegen Mate Polić beschwerte sich später die Stadtpolizei, weil er sich unhöflich
gegenüber den Polizisten benommen habe, und
– wie der damalige Gouverneur, Ist-
ván von Wickenburg meinte – »der ähnliche Vorgang des Geistlichen könnte auch
die verpflichtende Achtung der […] Gläubigen gegenüber der staatlichen Polizei
nachteilig beeinflussen«, vgl. Brief vom Gouverneur an den Stadtpfarrer Kukanić
(31. Januar 1918), in: DAR, Gubernij, Pr.Sp., kut. 61, 1918/138 [übersetzt aus dem
Ungarischen von mir].
248 Riječki Novi List, 22. Februar 1909.
249 Zur Biographie siehe »Pavel Zigar«, in: BAS, R22: Album.
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Umkämpfte Kirche
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
- Title
- Umkämpfte Kirche
- Subtitle
- Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
- Author
- Péter Techet
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35696-4
- Size
- 15.9 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
- Danksagung 13
- Vorwort 15
- 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
- 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
- 3. Österreichisches Küstenland 85
- 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
- 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
- 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
- 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
- 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
- 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
- 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
- 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
- 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
- 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
- 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
- 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
- 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
- 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
- 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
- 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
- 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
- Ausblick 257
- Quellen- und Literaturverzeichnis 263
- Archivmaterial 263
- Bibliotheken 265
- Zeitungen 265
- Digitale Sammlungen 267
- Zeitgenössische Literatur 267
- Sekundärliteratur 268
- Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
- Personen 295
- Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
- Abkürzungen 299
- Register 301
- 1. Ortsregister 301
- 2. Personenregister 303