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2. Imperium, Nation und Katholizismus
in der Habsburgermonarchie
»Von mehreren Sprachen hatte er je ein Stückchen Mensch,
von keiner einen ganzen Menschen erhalten –
aber dieses Chaos war seine Heimat.«1
(Carl Techet)
Kakania was an empire based on a dynasty with its roots deep in the Middle Ages, with
a claim to a supreme authority in Central Europe even outside its own family domains,
and with very important and intimate links to religion… […] Though one language
happened to be dominant in Central Europe and was naturally the language of the
imperial court [i. e. German – P. T.], the Empire was not an ethnic empire and did not
have very special links to any one ethnic group or language.2
Mit diesen Sätzen fasste Ernest Gellner die komplizierte und historisch ver-
wurzelte Supranationalität der Habsburgermonarchie zusammen: Dynas-
tische und supranationale Legitimität bestimmten die Staatlichkeit. Die
Habsburgermonarchie war nicht nur ein dynastisches Konstrukt, weil ihr
Fortbestehen
– im Sinne des berühmten, wobei später von ihm selbst zurück-
genommenen Satzes von František Palacký3 – auch im Interesse ihrer Völ-
ker stand,4 die in Mitteleuropa zwischen dem deutschen und dem russischen
Imperialismus allein nicht hätten überleben können.5
1 Carl Techet, Vom toten Österreich, Leipzig 1922, S. 17.
2 Ernest Gellner, Language and Solitude. Wittgenstein, Malinowski and the Habs-
burg Dilemma, Cambridge 2004, S. 30.
3 »Wahrlich, existirte der österreichische Kaiserstaat nicht schon längst, man müsste
im Interesse Europa’s, im Interesse der Humanität selbst sich beeilen, ihn zu schaf-
fen.« Zitiert nach: Franz Palacký, Eine Stimme über Österreichs Anschluß an
Deutschland. An den Fünfziger-Ausschuß zu Händen des Herren Präsidenten Soiron
in Frankfurt a. M., in: Ders., Oesterreichs Staatsidee, Prag 1866, S. 85.
4 Robert A. Kann, The Dynasty and the Imperial Idea, in: Austrian History Year-
book 3 (1967), S. 11–31, hier S. 30.
5 François Fejtö (Ferenc Fejtő) betont in seinem Buch über das Ende der Habsbur-
germonarchie, dass die entstandenen »Nationalstaaten« ebenso multiethnisch
und mehrsprachig blieben (was für die Minderheiten oft eine schlechtere Posi-
tion erzeugte als in Österreich-Ungarn), aber nicht mehr fähig gewesen seien, sich
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Umkämpfte Kirche
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
- Title
- Umkämpfte Kirche
- Subtitle
- Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
- Author
- Péter Techet
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35696-4
- Size
- 15.9 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
- Danksagung 13
- Vorwort 15
- 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
- 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
- 3. Österreichisches Küstenland 85
- 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
- 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
- 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
- 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
- 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
- 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
- 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
- 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
- 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
- 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
- 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
- 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
- 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
- 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
- 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
- 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
- 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
- Ausblick 257
- Quellen- und Literaturverzeichnis 263
- Archivmaterial 263
- Bibliotheken 265
- Zeitungen 265
- Digitale Sammlungen 267
- Zeitgenössische Literatur 267
- Sekundärliteratur 268
- Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
- Personen 295
- Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
- Abkürzungen 299
- Register 301
- 1. Ortsregister 301
- 2. Personenregister 303