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52 Einführung
1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit
1.3.1 Quellenlage
Die Quellen zur Erfassung alltäglicher Handlungen entstanden oft im Kon-
text eines vorherrschenden nationalen (nationalistischen) Narratives, inso-
fern bieten sie – und dies soll quellenkritisch angemerkt sein – nur begrenzt
ein klares Bild darüber, wie sich Menschen auf der lokalen Ebene, in ihren
alltäglichen Interaktionen definierten.121 Gerade die Quellen, die von Kon-
flikten berichten – wie die meisten der in dieser Arbeit behandelten Quel-
len
–, tendieren zu einer dichotomischen Gruppenbildung, in der die binären
Schemata (wie etwa das Narrativ des »Nationalitätenkonfliktes«) Konflikte
simpel und verständlich darstellen und erklären können. Dabei ist es also
interessant, wie eine solche dichotomische Gruppenbildung als nationales
oder nationalistisches Narrativ entlarvt und dekonstruiert werden kann,
welches die lokalen Akteure als problematische, zu belehrende Fälle nationa-
ler und / oder religiöser Indifferenz betrachtete.
Die Ereignisse aus dem ländlichen Hinterland eignen sich sehr gut für
die Infragestellung urbaner Diskurse. Ihre Erschließung stellt jedoch eine
Herausforderung dar. Am besten sollte dabei auf Quellen ländlicher Akteure
zurückgegriffen werden.122 Wenn diese aber nicht oder nicht in genügen-
der Zahl vorliegen, kann die ländliche Perspektive auch aus den städti-
schen Quellen herausgelesen werden. Infolge des weitgehenden Fehlens
eigener Aussagen der lokalen Akteure muss ich mich dementsprechend oft
auf Elitendiskurse (wie Zeitungen, kirchliche, ministeriale, kommunale
Korrespondenzen) bzw. institutionalisierte Aussagen (wie Polizeiberichte,
Protokolle) als schriftliche Quellen stützen. Nur in wenigen Quellen mel-
deten sich die lokalen Akteure zu Wort. Außer der Selbstdarstellungen in
Briefen standen daher die anderen Quellen zu entnehmenden Handlungen
der Dorfbewohner den in eigenen Quellen festgehaltenen städtischen Deu-
tungen entgegen. Die eigene Perspektive der lokalen Akteure lässt sich aber
auch in diesen städtischen Deutungen (Zeitungsartikeln, internen Korres-
pondenzen) erkennen.123 Eine kritische Analyse ermöglicht ein anderes,
121 Gábor Egry, Etnicitás, identitás, politika. Magyar kisebbségek regionalizmus
és nacionalizmus között Csehszlovákiában és Romániában 1918–1944 [Ethni-
zität, Identität, Politik. Ungarische Minderheiten zwischen Regionalismus und
Nationalismus in der Tschechoslowakei und in Rumänien 1918–1944], Budapest
2015, S. 37f.
122 Beate Hock, Forschungen zur kulturellen Dimension transnationaler Verflech-
tungen Ostmitteleuropas von den 1870er Jahren bis 1914, in: Hadler / Middell
(Hg.), Handbuch einer transnationalen Geschichte Ostmitteleuropas, S. 189–255,
hier S. 519.
123 Marnix Beyen / Maarten Van Ginderachter, General Introduction. Writing the
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book Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914"
Umkämpfte Kirche
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
- Title
- Umkämpfte Kirche
- Subtitle
- Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
- Author
- Péter Techet
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35696-4
- Size
- 15.9 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
- Danksagung 13
- Vorwort 15
- 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
- 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
- 3. Österreichisches Küstenland 85
- 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
- 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
- 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
- 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
- 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
- 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
- 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
- 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
- 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
- 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
- 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
- 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
- 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
- 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
- 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
- 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
- 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
- Ausblick 257
- Quellen- und Literaturverzeichnis 263
- Archivmaterial 263
- Bibliotheken 265
- Zeitungen 265
- Digitale Sammlungen 267
- Zeitgenössische Literatur 267
- Sekundärliteratur 268
- Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
- Personen 295
- Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
- Abkürzungen 299
- Register 301
- 1. Ortsregister 301
- 2. Personenregister 303