Seite - 8 - in Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich - Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
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8 auch längere Zeit in Wien verbrachte, wollte seine Erfahrung an junge Leute in der
Welt weitergeben. Mit einem einjährigen Auslandsaufenthalt sollten möglichst viele
junge Menschen in der Welt Gelegenheit haben, in den USA zu studieren und das
große Land und das demokratische System, auf das man so stolz war, mit einigem
Tiefgang kennenlernen. Umgekehrt wollte man auch junge AmerikanerInnen mit
den Fulbright-Stipendien animieren, ins Ausland zu gehen, die Welt kennenzuler-
nen und als „Cultural Ambassadors“ ihr Land zu vertreten.
Der Studierendenaustausch gab seit 1952 jährlich ca. 40 angehenden öster-
reichischen AkademikerInnen die Möglichkeit, die USA als Land von innen ken-
nenzulernen, an amerikanischen Universitäten mit neuesten wissenschaftlichen
Methodologien und Fragestellungen konfrontiert zu werden sowie durch offene
Diskussionen kritische Denkweise zu lernen. Im Gegenzug kamen amerikanische
Studierende an österreichische Universitäten, um hier Deutsch und österreichische
bzw. europäische Geschichte, Politik, Gesellschaft, Naturwissenschaften etc. zu stu-
dieren. Das Fulbright-Programm steht am Anfang einer internationalen Studieren-
denmobilität, die rasant zugenommen hat und heute mit den Auslands-Austausch-
programmen „Erasmus“ und „Sokrates“ innerhalb der Europäischen Union Teil
eines vollwertigen Hochschulstudiums geworden ist.
König analysiert u. a. die österreichischen WissenschaftlerInnen, die zwischen
1951 und 1964 Forschungsaufenthalte an amerikanischen Universitäten verbrach-
ten und von denen sich dort einige Anregungen für erfolgreiche Universitätskar-
rieren holten. Seine Liste am Schluss des Buches liest sich wie ein „Who’s Who“
heimischer Forschungsgrößen nach dem Krieg. Noch mehr widmet sich das Buch
aber den amerikanischen Gästen, nämlich den US-Visiting Lecturers und Research
Scholars, die in diesen Jahren nach Österreich kamen, um den heimischen Univer-
sitäts- und Forschungsbetrieb zu beleben und u. a. innovative Forschungsansätze
zu vermitteln. Gerade hier sind Königs Ergebnisse besonders spannend, da sie ihm
dazu dienen, zuerst den Stand der äußerst provinziellen und altväterischen österrei-
chischen Universitätslandschaft nach dem Zweiten Weltkrieg zu analysieren. Dabei
kommt gerade die „hegemoniale“, alteingesessene heimische Professorenschaft
nicht gut weg. Die meisten der ersten Kohorte von Ordinarien an Österreichs Uni-
versitäten in den ersten zwei Jahrzehnten nach dem Krieg waren „Überlebenskünst-
ler“ zweier autoritärer/diktatorischer Systeme (1934–1945). Mit den im österrei-
chischen politischen System so mächtigen Ministerialbeamten (inkl. dem späteren
Unterrichtsminister Heinrich Drimmel) verhielt es sich nicht anders.
Das von den USA großzügig und langfristig ausgestattete Fulbright Program,
das über eine eigene in Wien ins Leben gerufene Kommission orchestriert wurde,
brachte frischen Wind in diese verstaubte Universitätslandschaft. Das Programm
betonte vor allem die Transparenz im Auswahlverfahren. Es gab öffentliche Aus-
schreibungen und klare Auswahlkriterien. Im heimischen Betrieb war man so etwas
nicht gewohnt. Hier waren es im Hintergrund agierende Wiener Ministerialbeamte
und ein paar mächtige Ordinarien wie der Völkerrechtler Alfred Verdroß-Droß-
berg, die die Fäden zogen und politisch verlässliche Leute für Auslandsstipendien
platzierten. Das lief „von Gottes Gnaden“ (nämlich die allmächtigen Beamten am
Wiener Minoritenplatz) und ohne öffentliche Verfahren ab. Da wollte man nicht zu
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117