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10 prominent mitwirken? Ist das die Kohorte, die Österreichs Universitätslandschaft
nach außen und innen öffnet und aus der tiefen Provinz herausführt?
Zuletzt: Das Fulbright Program wollte vor allem amerikanische Gastprofessoren
in die Gebieten der Sozialwissenschaften und Amerika-Studien schicken. Dem lag
eine Strategie zugrunde. Man wollte über diese wissenschaftlichen Botschafter ame-
rikanische Demokratie und Zivilisation in die teilnehmenden Länder verpflanzen.
Die hegemonialen Bestrebungen der neuen Weltmacht USA sind bekannt. Über
die Institutionen Weltbank und Internationaler Währungsfonds („Bretton Woods“-
System von 1944) wurde der Dollar zur Leitwährung eines kapitalistischen und frei-
händlerischen Weltsystems gemacht, mit den USA im Mittelpunkt. Bündnissysteme
wie NATO, SEATO und der Bagdad-Pakt sicherten die amerikanische geopolitisch
hegemoniale Stellung in der nicht-kommunistischen Welt ab. Seit Präsident Roo-
sevelt und unter seinen Nachfolgern im Weißen Haus Truman und Eisenhower
war es Ziel der neuen amerikanischen Außenpolitik, ein stabiles und demokrati-
sches Ordnungsprinzip für die Welt zu schaffen. Ordnung und Stabilität wurden
dann im Kalten Krieg aber zunehmend mit der Eindämmung des Kommunismus
gleichgesetzt. Die Vorteile der amerikanischen Zivilisation – in der demokratische
Politik und Verfassungspraxis („rule of law“) im Mittelpunkt standen – sollten über
Programme wie Fulbright und das berühmte Salzburg Seminar ebenso wie die
CIA-finanzierten Programme des Congress of Cultural Freedom und der Sommer-
schule, die der junge Professor Henry Kissinger in Harvard seit Anfang der 1950er
Jahre organisierte (Österreichs heutiger Präsident Heinz Fischer war auch einer der
Teilnehmer), in die Köpfe der Eliten in der befreundeten Welt verpflanzt werden.
Das Fulbright Program spielte also in der intellektuellen Anwerbung befreundeter
Eliten des amerikanischen Weltsystems eine zentrale Rolle. Solche „quasi-Alliier-
ten“ brauche man auch in neutralen Ländern. Österreich spielte mit seiner geistigen
Westausrichtung voll mit; seine angebliche Äquidistanz zwischen den Blöcken im
Kalten Krieg war ein Mythos.
Während die modernen empirischen Sozialwissenschaften in Österreich mit
dem Nachhilfeunterricht der Fulbright-Gastprofessoren ihren Anfang nahmen,
brachte die Gründung des Instituts für Höhere Studien (IHS) in Wien zu Beginn
der 1960er den großen Schritt nach vorne. Das von den vertriebenen Emigranten
aus Wien Paul F. Lazarsfeld und Oskar Morgenstern mit der finanziellen Hilfe der
Ford Foundation gegründete IHS bildete die gesamte erste Kohorte österreichischer
Politik- und SozialwissenschaftlerInnen aus (manche von ihnen wie Peter Gerlich
waren auch Fulbright Grantees gewesen). Die Entwicklung der American Studies
in Österreich war komplizierter und brauchte mehr Zeit. Am Ende entwickelten
sich die heimischen Amerika-Studien in eine kulturwissenschaftliche Richtung und
waren weniger interdisziplinär-sozialwissenschaftlich als von Washington eigent-
lich vorgesehen. Auch diese wissenschaftliche Entwicklung und Praxis gilt es noch
im Detail zu erforschen. Königs Studie gibt wichtige Anregungen und regt zur wei-
teren Vertiefung einer Erforschung der gesamten transatlantischen wissenschaft-
lichen Mobilität an.
New Orleans, Februar 2011 Günter Bischof
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117