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senschaftsbereiche Social Sciences und American Studies vor. In Kapitel 6 wird
die Wirkung des Fulbright Program auf die Wissenschaftspraktiken an österreichi-
schen Hochschulen analysiert.
Auch wenn die vorliegende Untersuchung zeigt, dass es nicht in allen seinen
Wirkungsfeldern erfolgreich war, war das Austauschprogramm aus der Kultur-
diplomatie der USA und seiner Einflusssphäre bald nicht mehr wegzudenken.
Keiner war sich dessen mehr bewusst als jener Politiker, dessen Namen es trug. In
der Zwischenkriegszeit hatte Fulbright, damals junger Student und Rhodes Scho-
lar, Europa bereist (und dabei auch für sechs Monate in Wien Station gemacht).
Dieser Auslandsaufenthalt hatte ihn, so seine eigene Darstellung, zu einem über-
zeugten Internationalisten gemacht. Wenig überraschend, dass das Austausch-
programm zeit seines Lebens eines der wenigen Dinge war, bei denen der sonst
sachlich-kühle Senator „emotional, irrational, vindictive“ (Woods 1995, 136)
werden konnte. Nicht ohne Pathos erklärte er anlässlich des 25. Jubiläums des
Programms:
„I hope you all will forgive me if I say I think this is an important and sig-
nificant program. It is the one activity which has made tolerable so many
of the frustrations of political life.“ (J. William Fulbright, in: BFS 1976, 27)
Fulbright war ein widersprüchlicher Charakter. Er gehörte der mächtigen (und
mittlerweile weitgehend verschwundenen) Fraktion konservativer Südstaaten-
demokraten mit ihren segregationistischen und elitären Ansichten an. Zugleich
hatte er die internationalistischen und liberalen Grundsätze des Austauschpro-
gramms zutiefst verinnerlicht. In den frühen 1950er Jahren brachte ihn das fast
zwangsläufig in Konfrontation mit einem etwa gleichaltrigen Kollegen, der von
Herkunft, politischer Einstellung und Wesen kaum unterschiedlicher hätte sein
können: Joseph R. McCarthy aus Wisconsin lud Fulbright im Sommer 1953 vor
das Committee on Government Operations, von dem aus er einige wenige Jahre
die US-amerikanische Innenpolitik vor sich hertrieb.
In seinen Hearings folgte McCarthy einem bestimmten Strickmuster: Basie-
rend auf vagen Verdächtigungen konstruierte er abenteuerliche kommunistische
Verschwörungen in allen möglichen staatlichen Einrichtungen. Plausibel wur-
den seine Anschuldigungen nur durch seine recht brutale Verhörtechnik, mit der
er seine Gäste einschüchterte, dabei Antworten auch übergehend oder für sich
zurechtlügend und gelegentlich in Wutausbrüche verfallend.
Auch wenn er überall Verschwörungen aufzudecken pflegte, war das Depart-
ment of State für den „Senate rowdy“ (Griffith 1970, 51) doch sein Lieblingsfeind.
Konkret wollte McCarthy im Committee Hearing daher wissen, ob Fulbright
selbst die Sicherheitschecks überprüfte, die das Department of State und das FBI
an Exchange Grantees durchführten. Fulbright verneinte wahrheitsgemäß: Er war
zwar engagiert in der (wackeligen) finanziellen Absicherung des Programms, hatte
mit dessen operativer Durchführung aber nichts zu tun. McCarthy lenkte dann
seine Aufmerksamkeit auf das Board of Foreign Scholarships. Das war brenzlig,
denn das BFS ließ sich sehr wohl über die Dossiers der Sicherheitsdienste infor-
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117