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Die beigetretenen Verbände besaßen nach einem ausgeklügelten System bei der
jährlichen Wahl der Vorsitzenden Vorschlagsrecht.60 Der umtriebige Initiator
zur Einrichtung des Notrings, Gustav Stratil-Sauer, blieb während des gesamten
Untersuchungszeitraums Generalsekretär.
In der Besetzung wissenschaftspolitischer Themen war der Notring ein steter
Aktivposten. Zum Auftakt seiner Gründung war etwa eine „Großkundgebung“
angesetzt, die am 25. November 1949 im Auditorium maximum der Universität
Wien stattfand (WUZ 1949, Jg. 1/19, 1f). Schon der Ort dieser Veranstaltung zeigt
die Brückenfunktion des Notrings zwischen den Hochschulen und den vereins-
rechtlich organisierten Verbänden an: Denn obwohl nur Letztere seine Mitglieder
sein konnten, waren die Hochschulen doch der selbstverständliche Referenzpunkt
seiner Aktivitäten. Auch der Titel des Publikationsorgans (Österreichische Hoch-
schulzeitung) und der Umstand, dass die überwiegende Zahl der Personen in der
Leitung Hochschulprofessoren oder -dozenten waren,61 zeigen an, wie eng ver-
klammert Hochschulen und Verbände waren.
Trotz der Aktivitäten des Notrings wurde in der Hochschulzeitung regelmäßig
auf das Fehlen einer ausreichenden finanziellen Unterstützung von Forschung hin-
gewiesen. An Modellen, woher das als notwendig erachtete Geld kommen könnte,
mangelte es nicht. Da war zunächst die Idee, durch steuerliche Absetzbarkeit die
Wirtschaft zu Investitionen zu stimulieren. Auch die Umverteilung durch zusätz-
liche Steuern (etwa eine Raucherabgabe) bzw. aus dem sogenannten Kulturgro-
schen wurde gefordert.62 Nach internationalem Vorbild63 trat die Idee auf den Plan,
eine intermediäre Einrichtung (in den meisten zeitgenössischen Beiträgen als For-
schungsrat betitelt) zur Vergabe von staatlichen Geldern einzurichten.
Letztlich verpufften alle diese Vorschläge, wobei das Scheitern in mehreren
Anläufen beim Forschungsrat besonders langwierig und dramatisch war (Frank
2003; Pichler/Stampfer/Hofer 2007). Schon vor Sicherstellung einer politischen
Mehrheit für dieses Vorhaben wurde die konkrete Ausgestaltung, insbesondere die
Verteilung der Entscheidungsbefugnisse, eifrig diskutiert (siehe Darstellung 6).64
Zwei ungelöste Fragen waren es, an denen die Institutionalisierung der Vergabe
von staatlichen Geldern für die Forschung scheiterte: Wie viel Einfluss sollten die
Vertreter der Wissenschaft gegenüber Vertretern anderer Bereiche (Politik, Wirt-
schaft, Bürokratie) haben? Und welche Aufgabenstellung sollte diese Einrichtung
eigentlich behandeln? Diese Streitpunkte ließen das wissenschaftspolitische Ziel
zunehmend in den Hintergrund geraten, so dass es letztlich verschwand.65 Selbst
als die Bundesregierung ab Ende der 1950er Jahre bereits eigens einen Budget-
posten im Umfang von jährlich 5 bis 8 Millionen Schilling für den Forschungsrat
reservierte (Pichler/Stampfer/Hofer 2007, 105), konnte man sich auf seine Ein-
richtung nicht einigen.
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117