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Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich - Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
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46 Protagonisten die Möglichkeit, über ihre eigene Vergangenheit elegant hinwegzu- gehen. Wir sollten an dieser Stelle die Beschwörungen der hehren wissenschaftlichen Tradition in Österreich mit einem nüchternen Blick auf die Realität konterkarie- ren. Der Ökonom Adolf Kozlik schrieb Anfang der 1960er Jahre eine fundierte Analyse des österreichischen Bildungssystems im Vergleich mit den USA. Als aus Nordamerika zurückgekehrter Emigrant war er dazu auch aufgrund seiner eige- nen Vita bestens qualifiziert (Fritzl 2004). Kozliks Analyse stellt bis heute die tief- greifendste Untersuchung zu den Hochschulen der frühen Zweiten Republik dar13 – ein einzigartiges Zeitdokument, das die Kritik an der Verfasstheit der Hoch- schulen mit Zahlen empirisch belegte und konkrete Forderungen zur Reform auf- stellte. Den österreichischen Hochschulen stellte Kozlik eine niederschmetternde Diagnose: „Auf guten amerikanischen Universitäten wachsen unabhängig denkende, zweifelnde, fragende und forschende Studenten auf, die von den guten Lehrern geschützt und gefördert werden. An österreichischen Universi- täten wachsen wiedergebende, befriedigte, zustimmende und sammelnde Studenten auf, die geschätzt und gefördert werden, die anderen werden ausgejätet, umgepfropft oder ins Ausland verpflanzt. Das Ergebnis ist der selbstzufriedene, oberflächliche, konservative, überhebliche österreichische Akademiker, der Herr Doktor Karl.“ (Kozlik 1965, 179) Kozlik erkannte, dass die Innovations- und Reformresistenz des Hochschul- betriebs nicht aus seiner strukturellen Beschränktheit allein verstanden werden konnte. Ein wesentlicher Grund für den schlechten Zustand der Hochschulen war in ihrem Personal selbst, also den Professoren, zu suchen. Nach 1945 hatte es die österreichische Regierung in Zusammenarbeit mit den alliierten Besatzungsmäch- ten – und unter deren Druck (Knight 1986) – unternommen, alle gesellschaftli- chen Bereiche, vor allem aber die staatlichen Einrichtungen, von Nationalsozia- listen zu säubern.14 Diese Entnazifizierung ging in mehreren Wellen vor sich, und schon mit der Minderbelastetenamnestie im April 1948 war sie de facto beendet (Stiefel 1981, 307). Zunächst verloren zwar auch alle während des NS Habilitierten ihre Lehrbefugnis, und eine Reihe von Ordinarien wurde in den vorzeitigen Ruhe- stand versetzt; nachhaltig und effizient war aber nur die Entlassung der sogenann- ten Reichsdeutschen. Vom Umfang her stellte die Entnazifizierung die größte personelle Umstruk- turierung in der neueren Geschichte der österreichischen Wissenschaftspolitik dar. 80 Prozent der Wiener Hochschullehrer, so eine Berechnung von Christian Fleck, waren „irgendeiner Maßnahme der entnazifizierenden Überprüfung unter- worfen“, und beinahe jeder zweite wäre nach geltendem Gesetz „von Amts wegen seines Lehramts zu entheben gewesen.“ (Fleck 1996, 74f) Aber als ein rein admi- nistrativer Prozess (Kaindl-Widhalm 1990, 31), und ohne flankierende politischen Strategie zur Neuausrichtung der Hochschulen (Fleck 1996, 75), funktionierte das nicht. Obwohl die einschlägigen Gesetze „wenig Ermessensspielraum im Sinne
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Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Untertitel
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Autor
Thomas König
Verlag
StudienVerlag
Ort
Innsbruck
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-7065-5088-8
Abmessungen
15.8 x 23.9 cm
Seiten
190
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Geleitwort 7
  2. Vorwort 11
  3. 1. Einleitung 13
    1. Die Entstehungsgeschichte des Fulbright Program 14
    2. Zur Vorgehensweise der vorliegenden Untersuchung 18
  4. 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
    1. Der Wissenschaftsbetrieb in der frühen Zweiten Republik 29
    2. Die Kommission im Vergleich mit anderen Förderinstitutionen 35
  5. 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
    1. Hochschulautonomie als Wille und Vorstellung 42
    2. Fulbright Grantees – mehr als eine Frage der Definition 49
  6. 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
    1. Herkömmliche Verfahren des Austausches 62
    2. Debatten über US-Visiting Lecturers 66
  7. 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
    1. Weiche Kriterien der Auswahl 74
    2. Der Platzierungsvorgang 82
    3. Die platzierten Gäste 90
  8. 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
    1. Zur Semantik von Social Sciences und American Studies 98
    2. Wissenschaftliche Transferleistungen 106
    3. Institutionelle Innovationen (und ihre Verhinderung) 111
  9. 7. Schluss 117
    1. Anhang: USEC/A Fulbright Visiting Lecturers und Research Scholars 122
    2. Anmerkungen 137
    3. Verzeichnis der Darstellungen 164
    4. Quellen und Literatur 165
    5. Abkürzungsverzeichnis 176
    6. Index 177
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