Seite - 75 - in Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich - Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Bild der Seite - 75 -
Text der Seite - 75 -
75
[gemeint ist: deren Lehrtätigkeit, Anm. T.
K.] unternehmen“.5 Das bedeutete wohl:
Man hatte die unterbreiteten Vorschläge wohl gelesen, dachte aber nicht daran, die
Personen als Gastprofessoren zu installieren.
Formal war diese Herangehensweise gesetzeskonform.6 Hätte sie sich jedoch
durchgesetzt, wäre es das schnelle Ende des Fulbright Program gewesen. In seiner
Reaktion bemühte sich das sichtlich überraschte Bundesministerium für Unter-
richt um Kalmierung:
„Es ergibt sich von selbst, dass die Durchführung [des Fulbright Program,
Anm. T. K.] gerade im ersten Jahre noch gewisse Mängel aufzuweisen hat
[…]. Wenn daher die Fulbright Kommission verhältnismässig spät erst die
Namen jener amerikanischen Gelehrten mitteilt, […], ist es kaum mehr
möglich, dass die Betreffenden von österreichischer Seite durch eine Hoch-
schule zurückgewiesen oder abgelehnt werden. Dies würde auch dem
Grundsatz der Courtoisie gegenüber den Vereinigten Staaten, von denen
die österreichischen Hochschulen soviel Förderung erfahren haben, zuwi-
derlaufen. Das BMU ersucht daher, in diesem Falle von dem rein formal-
rechtlichen Standpunkt der Voraussetzungen einer Antragsstellung seitens
des Prof.Koll. […] abzusehen. Es muss hierbei auch der Standpunkt vertre-
ten werden, dass der Abschluss des Fulbright-Abkommens an sich bereits
eine grundsätzliche Zustimmung zum gegenseitigen Austausch von Gast-
professoren beinhaltet.“7
Die Überraschung im BMfU resultierte wohl auch daher, dass, wie in dem Schrei-
ben etwas spitz angemerkt wurde, „der derzeitige Rektor, Herr Prof. Dr. Alfred
Verdroß-Droßberg, der dem Prof.Koll. der do.Fakultät angehört, auch ständiges
Mitglied der Fulbright Kommission ist.“8 Ausgerechnet Verdroß-Droßberg, der
das Spiel kommissioneller Doppelzugehörigkeit offenbar glänzend beherrschte,
hatte sich gegen zwei der Grantees ausgesprochen. Die einzelnen Vorschläge
waren innerhalb der Fakultätsleitung nämlich sehr wohl diskutiert worden. Am
Rand des Bogens, der zum Zwecke eines Umlaufbeschlusses über die Platzierung
des Rechtswissenschaftlers Reginald Parker angelegt worden war, hatte Verdroß
händisch geschrieben:
„Prof. Parker soll angeblich der Sohn † Bettauers sein. Sonst weiss ich von
ihm nichts. Es entspricht aber nicht den Fullbright-Grundsätzen [sic!] frü-
here Österreicher einzuladen.“9
Dass Verdroß-Droßberg nichts von Parker gewusst haben soll, ist kaum glaub-
haft: Eine ausführliche biografische Notiz findet sich in den die Fulbright Com-
mission betreffenden Akten des BMfU, mit einem früherem Datum als der fakul-
täre Umlaufbeschluss.10 Wie auch immer: Die Berufung auf die Grundsätze eines
Programms, dessen Namensgeber er nicht richtig zu schreiben wusste, erlaubte es
Verdroß, seine aus Wiener Tratsch (Parker war Sohn des berühmten, 1925 an den
Folgen eines antisemitisch motivierten Anschlags ums Leben gekommenen Schrift-
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117