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84 „Erbitte im Rundschreiben verlautbaren zu lassen, daß der auf Grund mei-
nes Antrages von der Fakultät vorgeschlagene Professor Dr. L. P. Bradford
aus mir unbekannten Gründen von der Fulbright Commission nicht als
Gastprofessor nominiert wurde; an Stelle von Prof. Bradford wurde mir
Prof. J. B. Ford vorgeschlagen, der sich durch beiliegende Empfehlung aus-
weist.“52
Dass Knoll den anderen Professoren vormachen musste, die Kommission hätte
seine ursprüngliche Nominierung nicht akzeptiert, ist an sich schon bemerkens-
wert: Wie wir dem Zitat aus dem Annual Program Proposal für 1958/59 entnom-
men haben, hatte Bradford seine eigene Nominierung nie erwogen, und Knoll
war das auch bekannt gewesen. Hatte Knoll dieses Detail vergessen? Oder sah er
voraus, dass ein College-Professor von dem entscheidungsbefugten Kollegium als
zu gering angesehen werden könnte, und sicherte sich gewissermaßen selbst ab?
Spekulierte er darauf, dass seine Kollegen der Angelegenheit in einem Umlaufbe-
schluss weniger Aufmerksamkeit schenken würden und der Antrag damit leichter
durchginge?
„Zustimmung im Umlauf“ nämlich hieß jene Prozedur, mit der Entscheidungen,
die eigentlich der Abstimmung des Professorenkollegiums bedurften, in einem
schriftlichen Umlaufverfahren zur raschen Erledigung gebracht wurden. Dazu
gab es eigene Abstimmungsbögen mit den aufgedruckten Namen der Professo-
ren, die darauf mit Ja oder Nein ihre Meinung zum gegenständlichen Verfahrens-
punkt zum Ausdruck bringen konnten. Auf dem in den Akten erhaltenen Bogen
zur Bestellung Fords als „Gastdozent“ (wie die entsprechende Position im Falle der
Platzierung Fords in den Akten genannt wurde) finden sich allerdings gar keine
Markierungen der verschiedenen Professoren, sondern nur ein handschriftlicher
Vermerk des Strafrechtlers Roland Graßberger folgenden Inhalts:
„1. Ich beantrage Beschlußfassung darüber, ob wir den Antrag stellen, einen
uns interessierenden Vortragenden zu entsenden, oder ob es der Fulbright
Commission überlassen bleiben soll uns die Vortragenden zu präsentieren.
2. Zu dem Antrag v. Prof. Knoll vermisse ich jedes Urteil über die wissen-
schaftliche Eignung des Bewerbers.
3. Wenn Prof. Knoll das Schreiben der Fulbright Commission vom 6.II. –
10.III. unbehandelt ließ, dann wird es wohl nichts ausmachen, wenn es
noch 8 weitere Tage liegen bleibt, um die Geschäftsordnungsgemäße [sic!]
Behandlung zu finden. Prof. Knoll wäre einzuladen sich zur Bewerbung
grundsätzlich auf Grund eigener Literaturkenntnis zu äußern. 14.III.58
Graßberger“53.
Auch Graßbergers Vermerk wirft mehr Fragen auf, als Antworten gegeben werden
können: War er wirklich so schwer von der Einschränkung der Autonomie der
akademischen Behörde, dem Professorenkollegium, getroffen? Sorgte er sich um
das Ansehen seiner Fakultät angesichts eines Professors von einem wenig repu-
tierlichen College? War ihm schlicht die Themensetzung des Projekts „Sociology“
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117