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Als diese nun endlich offiziell nach ihrem konkreten Bedarf im Bereich American
Studies und ihren Vorstellungen gefragt wurden, lehnten zwei von ihnen die Ein-
richtung einer Lehrkanzel von vornherein ab. Stattdessen schlugen sie eine andere
Verwendung des budgetierten Geldes vor. In Wien wollte man die Lehrkanzel
umwandeln auf „drei l/1-Posten am Institut für Dolmetschausbildung“.52 Aus Graz
gab man zu bedenken, „dass es angesichts der äusserst angespannten Nachwuchs-
lage auf diesem Gebiet aussichtslos erscheint, einen für diesen Lehrstuhl wirklich
qualifizierten Fachvertreter gewinnen zu können“, wenn nicht schon bei den Ver-
handlungen feststünde, „ob für diesen Amerikanisten, seinen Assistenten und die
Fachbibliothek, ausreichende Räumlichkeiten im Universitätsbereich“ zur Verfü-
gung wären. Daher beantragte man,
„im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen der Vereinigten Staaten
von Amerika zu prüfen, ob gegebenenfalls aus den Mitteln, die […] für
den Sach- und Personalaufwand des Ordinariats für Amerikanistik an der
Universität Graz bereitgestellt sind, ein Betrag zur Raumbeschaffung […]
entnommen werden könnte. Der Betrag würde sich […] auf S 300.000 bis
500.000 belaufen.“53
Einzig an der Universität Innsbruck – wo es ja bereits ein (wenn auch bescheide-
nes) Institut für Amerikastudien gab – wurde die vorgesehene Lehrkanzel auch
tatsächlich eingerichtet.
Für Innsbruck hatte US-Kulturattaché Barjansky schon in dem zuvor zitier-
ten Gespräch 1960 festgehalten, dass „jetzt Bedarf für eine der gen. Lehrkanzeln
[bestünde], da wegen der notwendigen Einsparungen im Fulbrightprogramm ein
Fulbright-Gastprofessor dort weniger vorhanden ist als bisher.“54 Die Professur
wurde aber erst 1965 besetzt. Und selbst dann konnte das Ziel – „to introduce
the rather modern interdisciplinary American Studies approach“ (Mettauer 2004,
293) – nicht erfüllt werden, weil es erheblichen Widerstand der etablierten Mut-
terdisziplin Anglistik gab und der aus den USA berufene Amerikanist erhebliche
Probleme hatte.55
Das war das Resultat der strikten Vorgabe, das Hochschul-Organisationsge-
setz einzuhalten: Die dort definierte Autonomie der Hochschulen erlaubte es dem
Ministerium nach dessen eigener Rechtsauffassung nicht, die Lehrkanzeln einzu-
richten und mit geeignetem Personal zu besetzen. Im Protokoll der dritten Sitzung
der mit dem neuen Agreement 1963 gegründeten Austrian American Educatio-
nal Commission (AAEC) wurde noch einmal explizit festgehalten, dass „each of
the three Austrian universities establishing a program in American Studies should
have at its disposal an annual amount of AS 500,000 for the anticipated five-year
period.“56 Wofür dieses Geld letztlich aber tatsächlich verwendet wurde, geht aus
den historischen Dokumenten nicht hervor.
Die Verwässerung des „Special release“-Programms ließ sich an der Begriffs-
verwendung in den offiziellen Stellungnahmen nachvollziehen.57 War in den ersten
Entwürfen noch von drei bis vier Lehrkanzeln die Rede gewesen, die eingerichtet
werden sollten, so hieß es im 1963 unterzeichneten neuen Fulbright-Agreement
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117