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Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Seite - 389 -
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VI, Biographisches, aber recht tüchtige Meisterin erteilte, von deren Geschicklichkeit die Fortschritte meines Bruders zeugten. Endlich sollte ich befreit werden, ^,/iü Vater schloß sich das ganze Jahr ab. Um aber seinen gesellschaftlichen und Familien- Verpflichtungen nachzukommen, gab er jeden Fasching einen einzigen, aber so glänzenden, ja kostspieligen Ball, daß in der halbe» Stadt da- von die Ncde ging. Als wir später die Nolinung wechselten und die neue nicht mehr jene unge- heuren, zum Tanze bequemen Räume der alten darbot, wurde der frühere Ball in zwei oder drei Abendgesellschaften mit Spiel und Sonpcr ausgelöst, bei deren einer mein Bruder und ich die Geladenen durch unser Klavierspiel uuter- Imttcu sollten. Mein Bruder Eamillo spielte mit allgemeinem Beifall, als aber au mich die Neihe tam, war ich nirgends zu finden. Ich Iiaite mich in das Bett unfcres Bedienten ver- troche», und alles Suchen war vergebens, Erst nachdem die Gäste ihren Abschied genommen, kam ich aus meinem Versteck wieder hervor. Na brach meiu Vater iu hestigen Zoru aui- so sollte ich doch wenigstens nicht meinem Bruder dir Hälfte der Lchrstunden raube». Und so war es mit meinen Lektionen zu Ende, Turch sieben oder acht Jahre habe ich mit keinem Finger das Klavier berührt, nach außen, Tie Poesie lag mir zurzeit ziem- lich fern, wäre auch mit ihren scharf ausgc- desiimmlen onipiiudunge» gewesen. Ich vcr- aber ich hatte alles vergessen, selbst die Note» waren mir freiiid geworden, Ta lam mir zu- siattl'», daß mci» erster Klauiermcister Gallus, der Gruudattorde beigebracht hatte, Ich ergötzte mich an dem Zusammenklang der Töne, die diese bildeten sich zu einfachen Melodien, Ich gab den Noten den Abschied nnd spielte aus dem sieren tonnte. Oft legte ich einen Kupferstich vor mir auf das Notenpult und spielte die mich noch, daß später, während meiner Hof- meiüerschast, in einem voruchmcn Hanse, der schätzter Mnsiker, mir viertelstundenlang außer der Türe zuhörte und beim Eintritte seines Lobes kein Ende finden konnte, Auf dem Gute desselben Grafen war kein anderes Instrument, als ein altes Klavier ohne Saiten, dcmnngc- darauf gespielt, und der Abgang des Tones war mir gar nicht fühlbar. Als ich mich fpäter d<r Poesie ergab, nahm diese Fähigkeit des musita- lische» Improvisierens stnfcnweisc ab, beson» zu bringe», Unterricht im Kontrapunkte nahm, VieEnlwickelungen undFortschrcitungen würd,'» nnn richtiger, "aber das Inspirierte ging mir mehr als beim Erwachen meiner musikalischen Neigung, Ich hatte immer das Wunderliche, daß, wenn ich von einem Gegenstände auf de'i andern überging, ich mit der Lust an dem früheren auch zugleich alle erlangte Fertigkeit, ja Fähigkeit verlor. Ich habe alles getrieben, was der Mensch treiben kann, Tanzen und Jagen, Neitcn und Fechten, Zeichnen und ich habe es, mit Ausnahme der Jägerei, mit einer bestimmten Anlage getrieben, und das alles ist mir sremd geworden. So war ich einer Wasser würfe, ich würde gewiß ertrinken, Tie Inspiration war mein Gott und ist es ge- blieben, — In jener Zeit nun dachte ich auf nichts als M»sit'. Hch fetzte fogar Lieder, die ich mit eincr leidlichen Tenorstimme sang, darunter Goethes „König von Thulc", Ticses Lied konnte sich spielen und singen. Nur als es sich mit seiucr Krankheit zn Ende neigte, ließ er mir sagen, ich möchte es nicht mehr singen, es mache ihn traurig, — Tie Voraussetzung unseres Arztes Elosset^ mein Vater könne b.i gehöriger Viät noch viele nicht fehlen, aber die Zeitumstände beschleunig- ten den Lauf seiner Krankheit, Als wir uufcre Teil feines Ersparten auf Herstellung und Ein» richtuug derselben verwendet, Ta w»rdcn Türen vermauert nnd neue durchgebrochen, Parketten niemand besuchte; aber es schien einmal der ^niüids^tz meiiies Vaters, alles, was er machte, lmtte ihn »m eine namhafte Summe betrogen, Tnzu kamen nun die Kriegsläufe des Jahres der Stadt, der Einzug der Franzosen in Wien, die Stockung der Geschäfte, die Einquartierung, die Kriegsstcuer und Kontributionen, uor allem aber fei» vaterländisches Herz, das nnter allen diesen Erniedrigungen unendlich litt. Ich hatte mich bei der Belagerung von dem einen Teil der Festungsmaner besetzte, — Als nnn in der Nacht die Geschütze unausgesetzt
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Grillparzers sämtliche Werke Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Titel
Grillparzers sämtliche Werke
Untertitel
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
Band
II
Herausgeber
Rudolf von Gottschall
Verlag
Hansa-Verlag
Ort
Hamburg
Datum
1906
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.2 x 15.9 cm
Seiten
552
Schlagwörter
Dramatik, Literatur, Gedichte
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Jugenddichtungen
    1. Blanka von Kastilien 4
    2. Wer ist schuldig, Lustspiel 72
  2. II. Gedichte 85
    1. Lebensbilder 87
    2. Liebeslyrik 105
    3. Reisebilder 109
    4. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur 113
    5. Zeitgedichte 131
    6. Verschiedenes 144
    7. Aphorismen und Sprüche 155
      1. Selbstbekenntnisse 155
      2. Kunst und Literatur 158
      3. Zur Politik und Zeitgeschichte 165
      4. Lebensweisheit 169
      5. Albumverse 171
  3. III. Erzählungen 175
    1. Der arme Spielmann 177
    2. Das Kloster bei Sendomir 194
  4. IV. Satiren 207
  5. V. Studien 221
    1. Studien zur Literatur 223
      1. Zur deutschen Literatur 228
      2. Zur spanischen Literatur 254
      3. Zur englischen Literatur 307
      4. Zur französischen Literatur 315
      5. Zur italienischen Literatur 319
    2. Studien zur Aesthetik und Poetik 312
    3. Studien zur Geschichte und Zeitgeschichte 349
  6. VI. Biographisches 373
  7. VII. Aphorismen 519
    1. Zur Philosophie und Religion 521
    2. Zur Welt- und Menschenkunde 529
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