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VI, Biographisches.
trink',, wollten, überließen wir ihm die Wahl,
uud er brachte uns zwei Torten: Moutefiascoue
großen >!orbflaschen, wo man dann nach Maß-
gabe des entstandenen leeren Raumes bei der
Zeche bezahlt, A^ir versuchten die beiden
daß ich auch nur die geringste Aumahnnng
einer Befangenheit des Kopfes verspürt hätte.
Als ich aber, dein Camericrc nach meinem
aber nickK-desioiveuiger mechanisch hinter ihm
her, ohne daß er, wie es scheint, nur das ge-
ringste von meinem Zustande bemerkte. Des
ans meinem Bette, das Licht im Leuchter bis
«opswch und vollkommen rciserüstig, H^ir
kamen denn auch ain Nonucrstag vor Ostern
in Rom an, so daß die Feierlichkeiten des Mitt-
lichleiteu sind jeder,nann aus tausend Beschrei-
bungen bekannt, Tas wunderbare Mi,Vrerc
von Allegri, durch die herrlichsten Stimmeu
ausgeführt, luubei man mit theatralischer Knust
den Zeitpunkt abwartet, wo die Sixtiuische Ka-
pelle mit Michel Augelo's Meisiernn'rteu sich
schon in Tunlelhcit zu hüllen anfängt, und
nun aus dem allein erleuchteten Chor die Töne
wie aus dem Himmel hcrabsteigen, die Fuß-
waschnng, die Pontijikalmesse mit dem Segen
des Papstes, dazu der Drang, in den freien
Zwischenzeiten die Gemälde uud Antiken, bis
zu näherer Betrachtung, wenigstens zu durch-
kosten. Das alles, verbunden mit den Be-
schwerden der übereilten Reise und den vor-
hergegangenen, erschütternden Ereignissen,
u,a>I,len auf mich ciuen Lindruck, der allen-
falls einen Schlagsluß begreiflich gemacht hätte.
In den Antikcnsälcn des Vatikans befiel mich
eine Übelkeit, so daß ich den Autrag ein«
Beamlcn d.'r Wiener Stnatskauzlei annehmen
mußte, mich in seiner (natürlich päpstlichen)
Equipage nach Hanse zu briugcu, Temungc-
achtct konnte ich meinem Eifer leine Grenzen
s>! , l , Von morgens bis abends in den Ga-
IcriVu oder auf antiquarischen Exkursionen, und
zwar letztere zu Fuße, da meine angrbmvue
'.Ibneiguug, zu fahren, noch dadurch uutcrstüßt
winde, daß sämtliche Fahrgelegenheiten vou
den durch die Anwesenheit des österreichischen
Hofes in Unzahl herbeigezogenen Fremden in
Beschlag gelegt waren. So ging ich denn un«
ermüdet in der schon heiß gewordenen Jahres-
zeit, und immer allein, da ich mit meinem
Reisegefährten schon halb zerfallen war. Er
l'emisvruchte eiuc Gcmeiufchaftlichkeit der Ex-
kursionen, wobei er aber landwirtschaftliche und
geiverbliche Zwecke im Auge hatte, was sich mit ,»einem künstlerischen Heißhunger nicht verein-
baren ließ, Den deutschen Künstlern mich zu
Richtung ab, zufolge welcher sie in mittel-
alterlicher Tracht herumgingen und auch in
nicht alle, und unter den Bessern mit spätern
lobenswerten Belehrungen, Ten Ansschlag gab
kam den Tnrchfall, Indem ich ihn mit aus
Tentschland gewohutcn Mitteln detämpfen
wollte uud ciue Flasche Bordeaux trauk, ver-
mehrte ich das Übel, Ich wohnte in der ztrn^a
tratina bei einem der größten Schurken von,
Nom, einem Advokaten, der einmal sogar den
hatte, so daß nur, weil er auch deu Käufer,
einen Engländer, betrügen wollte uud vor Über-
steigerte, der Betrug au deu Tag kam uud
ich durch die Drohung, die Sache vor den
gängig machte. Ganz das Gegenteil des Haus«
Herrn waren seine Fran uud seine Tochter Tn-
dnrina, ein Name, den ich fruchtlos versucht
habe, auf eine Kalendcrheilige zurückzubringen.
Sie saßen ganze Tage lang bei mir und nnte»
hielten mich mit Gesprächen, wobei denn frei-
Fieber gestorben seien, Tas Fieber ließ auch
bei mir nicht auf sich warte,i, Ta drangen
sie mir endlich ihreu Hausarzt auf, eiuen Ton
Vuceiolctto, ciuc Karikatur, wie sie bei Goldoxi
vorkommen, in Perücke, Ltaatstleid und ellen»
sich, wie ich später gefunden habe, auch «otzcvue
bei seinem Aufenthalte in Rom bedient hatte.
Er verschrieb mir eine Mixtur i» einer ziem»
lich bedeutenden Flasche, Als ich ihn fragte,
wie viel Löffel voll ich davon auf einmal nehmen
sollte, antwortete er mit Gebärde: il tutw. Ich
na!mi also diesen Trank im eigentlichsten Ver»
stände, das Übel wurde aber nicht besser, so
daß mir die Idee, nicht mehr aus Rom h^-
llnszukommcu, schon ziemlich gclänsig wurde.
Da fiel mir ein, daß sowohl der anwesende Kaiser
von Österreich, als Fürst Mcttcrnich, gewiß
dentschc Ärzte bei sich hätten, die meine nor»
marktschreierischer Tulcamara, Vom Kaiser
wußte ich, daß ihn sein Leibarzt, Staatsrat
Stifft, begleitete, der aber, uubeschade! seiner
übrigen Eigenschaften, al^ prallischer Arzt eines
sehr geringen Vertrauens genoß. Es kam also
darauf an, den ärztlichen Begleiter de^ Fürsten
Mcttcrnich herauszubriugcu. Zufällig hatte ich
eljalnen, daß Friedrich Schlegel, deu der Fürst
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik