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Hundsheimerberg anderseits zu verschwinden. Und wie schön liegt Wien am Fuße der
Berge, zwischen Auen und wogenden Feldern, Gärten und reizenden Landschaften; wie
glänzen der ehrwürdige Stefansthnrm und alle die Kuppeln, Dächer und Giebeln der
vielen Kirchen und Prachtbauten dieser imposanten Stadt! Wohl kann man es kühn
behaupten, daß keine Millionenstadt in Enropa eine so schöne, abwechslungsreiche Umgebung
und keine einen so bemerkenswerthen Aussichtspunkt, als es der Kahlenberg ist, in ihrer
Nähe hat, wie Wien.
Über das prachtvolle Bild blickend, schweben die Gedanken zurück in ferne Tage,
wo noch am Fuße dieser Berge eine kleine Festung lag, ein mauergeschütztes Städtchen,
das alte Wien, aus dem sich allmälig unsere Metropole entwickelte. Nicht ohne Einfluß
war auf die Geschichte der Stadt der Entschluß des Markgrafen Leopold, nach seiner
Vermählung mit Agnes, der Witwe des Herzogs Friedrich von Schwaben, seinen Wohnsitz
von Melk nach der 1101 im Bau begonnenen Burg auf dem Leopoldsberge zu verlegen.
Am Fuße dieses Berges fand er eine schon von der Römerzeit her bestehende
Absiedlung mit einer dem heiligen Martin geweihten Kirche vor. Der Wunsch, eine
religiöse Genossenschaft als Pflanzschule christlicher Gesittung, wie zu Melk, in der Nähe
zu haben, veranlaßte ihn, auf der St. Martin zunächst gelegenen Anhöhe eine Collegial-
kirche mit Wohnungen für weltliche Chorherren zu bauen. Das ist der Ursprung von
Klosterneuburg. Zugleich begann der Bau des Fürstenhofes und des Frauenklosters, als
dessen Stifterin nach der Tradition Leopolds Gemalin Agnes erscheint, deren vom Winde
emporgehobener und zu Thal getragener Schleier in der poetischen Volksüberlieferung die
Stelle bezeichnete, an welcher das stolze Stift Klosterneuburg entstand. In einer wohl noch
viel wichtigeren Weise ist der Kahlenberg mit der Geschichte Österreichs durch den Entsatz
von Wien verbunden, als das große Christenheer, aus dem Wienerwalde hervorbrechend,
die Türken überfiel und durch einen entscheidenden Sieg den ersten großen Stoß der
Herrschaft und dem Vordringen der Osmanen versetzte.
Lange genug verweilten wir auf diesen nördlichsten Ausläufern des Wienerwaldes;
in die dichten Forste eindringend, bemerken wir allenthalben denselben Typus: Buchen-
wälder, dichte Junghölzer, einzelne Eichen, fast gar kein Nadelholz, niedere, meist sanft
ansteigende Kuppen, unzählige kleine Thäler und Schluchten mit üppigen Wiesen, reichem
Blumenflor und unbedeutenden Bächen; dies ist der Charakter dieses reizenden Hügellandes
nördlich vom Wienthale. Alles ist malerisch in dieser nicht großartigen, aber so überaus
lieblichen Gegend; wie schön liegen alle die vielen Ortschaften zwischen Wald und Wiesen,
wie lohnend sind die Wege von Klosterneuburg nach Weidling am Bach, oder von Dornbach
hinein zum Tulbiuger Kogl, oder über Gablitz zum Troppberg und dann nachRied hinunter,
und erst wie hübsch ist das Mauerbachthal, von Weidlingan hinauf über Hadersdorf
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317