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Dein geschilderten Theile des Voralpenlandes links der Putten liegt der am rechten
Ufer dieses Baches gegenüber, an landschaftlichem Interesse dem vorigen durchaus nicht
nachstehend, aber weniger gekannt und darum einer näheren Betrachtung werth.
Der Volksmund nennt diesen Theil des Landes bezeichnend die Bucklige Welt.
Der Name rechtfertigt sich, wenn man die vielen mannigfach gewundenen Thalfurchen in
Anschlag bringt, von denen er durchzogen ist. Als Glied der Centralalpen trägt die
Bucklige Welt die dem Urgebirge augehörigeu krystallinischen Schiefer und die Granwacke
als grundlegende Bestandtheile. Nur der äußerste westliche Rand ist ans Kalk aufgebaut:
die Höhen, von denen die alten Schlösser Putten und Seebenstein, sowie die neuere
Ruine am sogenannten Türkensturz ins Thal niederschauen.
Wie im Südwest der massige Wechsel, so liegt diesem Berglande im Nordost der
langgestreckte Höhenrücken des Kaiserwaldes vor, längs dessen Schneide die Grenze von
Ungarn hinzieht. Auf seinem höchsten Punkte (746 Meter) steht die weithin sichtbare
St. Rosalienkapelle — so genannt, wiewohl sie der heiligen Maria von Loretto
geweiht ist — und der ganze Höhenzug heißt das Rosaliengebirge.
Die Rundsicht von der Kapelle gehört zu den umfassendsten, die man auf wenig
beschwerlichem Wege haben kann, und fesselt insbesondere durch die malerische Gruppirung
des Mittelgruudes, ob nun der Blick über das ungarische Raab-Donauland, den Spiegel
des Neusiedlersees und das wellig dahinflntende Hügelland zu den verblassenden Höhen
des Bäkonywaldes dahinschweist oder die grünen Bergwellen des Wienerwaldes, den
mächtigen Schneeberg mit der ihm benachbarten Bergwelt, die Rax, den Sonnenwendstein,
den Otter und den Wechsel, sowie dazwischen die zahlreichen im Sonnenlicht blinkenden
Ortschaften des Wiener Beckens ins Auge faßt. Von der Rosalienkapelle herab zeigt die
Bucklige Welt am schärfsten jene Eigenthümlichkeit, die ihr ein besonderes Gepräge gibt.
Am Markstein unter der Kapelle zweigt das Grenzgebirge nach West ab und
verbreitet sich als Hochfläche von durchschnittlich 670 Meter Seehöhe bald breiter, bald
schmäler, je nachdem seine zahlreichen Wasseradern durch ungezählte Zeiträume die Thal-
furchen ausgenagt haben, zuerst in der Richtung nach Süd, dann umbiegend gegen West
und wieder im scharfen Winkel nach Nord. Dieser Hochrücken mit den nach allen Seiten
verlaufenden Thälern bildet den nördlichen Theil der Buckligen Welt und merkwürdig
auch ihren bestbewohnten. Auf ihm liegen die bedeutendsten Kirchdörfer des Gebietes, alle
uralt, alle durch ihren Namen noch die einfache Denkart der einstigen deutschen Ansiedler
verrathend: Hoch Wolkersdorf, von einem Wolfger, der sich dort zuerst seßhaft gemacht,
Wiesmath, von einem Wirthschaftszweige, der zur Besiedlung Anlaß gab, Hollenthon,
von der hohlen Tanne, bei welcher das erste Haus stand, Lichtenegg, von dem der freien
Rundsicht offenen Raume, den der Ort einnimmt, und was für den Geschichtsfreund von
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317