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Wasserstand des Flusses. Das Wiener Becken, sowie das nördlich gelegene Mähren ist
zum Theil mit jener eigenthümlich gleichförmigen, aus Saud uud Lehm gemeugteu Erd-
schichte bedeckt, welche die Geologe» Löß neiineu und welche iu mächtigen Terrassen die
beiden Ufer der Donan begrenzt.
Mitten iu diesen Löß eingebettet, tief unter der jetzigen Grasnarbe, finden sich
ziemlich häufig einzelne zerstreute Kuocheu des Mammuth oder des Rhiuoeeros. Au
einzelnen Stellen, wo Keller in die Lößterrasse eingetieft wurden, trafen sich aber schmale,
schwärzliche Lagerschichteu von Knochen dieser Thiere mit Holzkohlenstückchen und Fener-
steiusplitteru gemeugt. Solche Fundstellen sind Zeiselberg, Sonnberg, Gösing, Stillfried
.und am oberen Lanfe des Flusses Willendorf bei Spitz.
Wirr durcheinander lagen in diesen knochenführenden Schichten nicht sowohl Skelete,
sondern einzelne Skelettheile und Knochenfragmeute zahlreicher Thiere verschiedener Art
beisammen. Das größte Contingent bilden die Mammuthe, von denen in Zeiselberg allein
12 Exemplare nachgewiesen werden konnten. Dann kommen vor Rhiuoeerosse, Pferde, der
Riesen-, Edel- und Damhirsch, Renthiere, Bären, Wölfe n. s. w.
Die Feuersteinmesser von Zeiselberg, sowie die aus Stillfried schließe» schou durch
ihre Form jeden Zweifel über die künstliche Bearbeituug derselben aus, sie dürften ferner
überzeugende Beweiskraft besitzen durch die mit kleinen Hieben erzeugte künstliche Schärsnng
am Rande derselben. Etwas anders geformt sind die Feuersteine aus Willendorf, welche
mit den in Frankreich gefundenen mehr Ähnlichkeit besitzen.
Das Material zu diesen Feuersteine» kommt aus der nördlich der Donau gelegenen
Urgebirgsformation. Sie wurden von den rohen Fenersteinknollen abgeschlagen und dann
erst in der Hand zugeschärft. Es ist bemerkeuswerth, daß in Willendorf auch Serpentin-
steine mitgefuuden wurden, welche Bearbeitnngsfpnren zeigen; denn gewöhnlich findet
man in jener Epoche nur den Feuerstein nebst roh zugeformten Knochen als einziges
Werkzeugsmaterial des Menschen vor. Die zngeformten Knochen zeigen wohl deutlich die
Spuren der Bearbeituug, nicht aber die der Zuformnng zu brauchbaren Werkzeugen.
Bemerkenswerth ist eiu großer Mammnthzahn und ein Rückenwirbel desselben Thieres
ans Zeiselberg, sowie ein Stoßzahn ans Stillfried, welche ebenfalls Bearbeitnngsspureu
zeige». Der obere Theil des eiueu Stoßzahnes ist mit kleineu Schlägen abgetrennt
worden, der Rückenwirbel mit »uzähligen Schnittwunde» bedeckt. Auch au dem Stoßzahn
ans Stillfried sind Hiebe und Arbeitsspuren deutlich sichtbar.
Nach Ansicht der Forscher stammeu diese Kuocheu aus Lagerplätzen der Mammnth-
jäger, welche am Strande der Donau iu jeuer fernsten Zeit die von Nord und Süd zu
verschiedenen Jahreszeiten auf ihreu periodischen Wanderungen begriffenen Thiere zn
fangen und zn erlegen wußten.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317